Fast eine ganze Woche wird sich das Kantonale Wirtschaftsgericht in Bern mit dem Fall von Hanspeter B.* (53) beschäftigen. Der Mammut-Prozess hat heute begonnen. 29 Kläger schafften es, den ehemaligen Luzerner CVP-Grossrat vor Gericht zu bringen. Hanspeter B. muss sich nun wegen des Verdachts auf gewerbsmässigen Betrug verantworten. Es geht um eine Gesamtdeliktsumme von 1,56 Millionen Franken.
Das geforderte Strafmass wird der Staatsanwalt erst im Verlaufe des Prozesses bekannt geben. Heute sprachen die ersten Geschädigten. So sagte ein älterer Privatkläger, dass B. einen anständigen Eindruck auf ihn gemacht habe. Und: «Er konnte reden wie ein Pfarrer.»
B. sagte, er habe eine Erbschaft in Aussicht
Sein Unwesen trieb Hanspeter B. in mehreren Kantonen, unter anderem den Kantonen Thurgau und Bern. Seine Masche war fast immer die gleiche: B. bittet seine Opfer um Geld. Er erzählt ihnen von einer Erbschaft aus einem Kieswerk, zeigt gefälschte Dokumente, sogar von der Luzerner Gemeinde Luthern.
Dann versichert er mit einem schriftlichen Vertrag, das Geld mit Zinsen innerhalb kürzester Zeit zurückzuzahlen. Doch die Gläubiger gehen leer aus. BLICK machte den Fall öffentlich.
Bei dieser Geschichte bleibt Hanspeter B. auch heute vor Gericht. «Eines Tages kann ich das Geld zurückbezahlen.» Wann denn dieser Tag sei, will die Richterin wissen. «Ich weiss es nicht so genau. Vielleicht dauert es eine Woche, vielleicht ein halbes Jahr», antwortet B.
«Es sind Sachen am Laufen»
Die Richterin hakt nach und fragt: «Können Sie etwas konkreter werden?» Das kann B. aber nicht: «Das Ganze ist schwierig, es sind Sachen am Laufen.»
Das Erbe seines Vaters, dem das Kieswerk gehörte, hatte B. absurderweise ausgeschlagen. Dafür redet er von einem mysteriösen Vertrag zwischen seinem verstorbenen Vater und dem Kieswerkbetreiber. Aus diesem Vertrag stehe ihm die 1,5 Millionen Franken zu. «Haben Sie diesen Vertrag?», fragt die Richterin. Antwort: «Nein, den müsste ich zuerst anfordern?» Darauf die Richterin – zunehmend genervt: «Dafür hatten Sie ja jetzt genügend Zeit.»
Darauf weiss B. keine Antwort mehr. Dass ihm seine Gläubiger nach diesem Auftritt glauben, dass sie ihr Geld wiedersehen, ist eher zweifelhaft.
Opfer freuen sich, dass Hanspeter B. vor Gericht steht
Kläger ist unter anderen Urs-Alexander Späti (67) aus Kümmertshausen TG. Der Künstler gab Hanspeter B. insgesamt 45'000 Franken. «Es hat lange gedauert bis zur Gerichtsverhandlung. Nun soll er endlich seine Strafe bekommen und spüren, was er mit uns allen gemacht hat.»
Kläger Hans B. (84) aus dem Thurgau schuldet der Reitstallbetrüger sogar 369'000 Franken. «Mir erzählte er im Sommer 2015 von seiner Erbschaft und versicherte mir, dass das Geld bald komme.» Bis heute sah Opfer B. keinen Rappen. «Und das Schlimmste ist, dass er mich noch immer um Geld fragt. Wenn er mich zufällig irgendwo sieht, bedrängt er mich richtig.»
Auch vor seiner eigenen Familie machte Hanspeter B. nicht halt. Seiner Tante schuldet er 5000 Franken. «Ich habe ihm geglaubt und wurde enttäuscht», sagt Agnes B. (71).
«Er soll für mehrere Jahre ins Gefängnis»
Die Betrogenen freuen sich auf den Prozess. Der Anwalt von B. versuchte den Fall im abgekürzten Verfahren abzufertigen. Alle Kläger hatten sich dagegen aufgelehnt. «Er hätte dann nur für ein halbes Jahr ins Gefängnis müssen. Das war zu wenig. Ich wünsche mir, dass er nun endlich mehrere Jahre ins Gefängnis muss», sagt Opfer Hans B.
Auch Tante Agnes B. hofft, dass er in den Knast muss. «Er soll niemanden mehr abzocken können!»
Seinen Reitstall in Mattwil TG führt Hanspeter B. nicht mehr. Dort zahlte er schon lange keine Miete mehr. Die Polizei musste ihn Anfang Juni persönlich rausschmeissen. Freiwillig wäre er vermutlich nie gegangen.
* Name der Redaktion bekannt