Dieses Plakat löste eine internationale Krise aus
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Urheber müssen vor Gericht:Dieses Plakat löste eine internationale Krise aus

Geheimer Prozess in Bern – Aktivisten wegen «Kill Erdogan»-Plakat vor Gericht
Abbruch wegen türkischem Journalisten!

Seit Dienstag beschäftigt sich das Regionalgericht Bern-Mittelland mit den vier Aktivisten, die 2017 mit einem «Kill Erdogan»-Plakat Schlagzeilen machten. Doch die Beschuldigten rücken zunächst in den Hintergrund: Ein türkischer Journalist sorgt für Aufruhr!
Publiziert: 18.01.2022 um 19:34 Uhr
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Aktualisiert: 18.01.2022 um 19:36 Uhr
Um dieses Transparent an einer Demo von 2017 sollte es eigentlich gehen – doch im Fokus stand beim Prozessauftakt am Dienstag in Bern ein türkischer Journalist.
Foto: Keystone
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Luisa Ita

Vier Aktivisten sollen bei einer Demo am 25. März 2017 öffentlich zu Gewalttaten und Verbrechen aufgerufen haben. Die Aufforderung «Kill Erdogan with his own weapons!» prangte in roten Lettern auf einem grossen schwarzen Transparent, das die beschuldigten Personen damals geschwenkt haben sollen.

Erdogan attackierte daraufhin die Schweizer Regierung wiederholt: «Vor euren Augen drohen sie dem Präsidenten eines Staates offen mit dem Tod, und ihr unterstützt sie auch noch. Schande über euch!» Noch am Tag der Kundgebung protestierte die Türkei beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in Bern und bestellte in Ankara die Schweizer Vize-Botschafterin ein.

«Kill Erdogan»-Transparent am ersten Tag nebensächlich

Es kam auch zu einem Telefongespräch zwischen den beiden Aussenministern. Die Türkei forderte eine Untersuchung. Den Druck aus der Türkei spürte das EDA offenbar deutlich: Der SonntagsBlick hatte im Dezember aufgedeckt, dass die Schweizer Beamten gleich mehrmals bei den Ermittlern interveniert hatten.

Seit Dienstag müssen sich die Beschuldigten nun vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland verantworten, da sie die ausgestellten Strafbefehle nicht akzeptieren wollten. Doch beim Prozessauftakt steht die mutmassliche Tat vom Frühling 2017 an sich zunächst im Hintergrund: Für Furore sorgt da nämlich ein türkischer Journalist, der kein Deutsch spricht. Gegenüber Blick gibt er vor Beginn der Verhandlung an, in Genf zu wohnen und als freier Journalist tätig zu sein. Er arbeite für die staatliche türkische Agentur Anadolu.

«Beschuldigte als Terroristen bezeichnet»

Die Verteidiger der Beschuldigten seien besorgt um die Sicherheit ihrer Klienten, geben sie zu Beginn der Verhandlung an: «Für wen arbeitet er? Und wie soll er die Verfügung einhalten und korrekt über die Verhandlung berichten, wenn er gar nichts versteht?» Laut dem Gerichtspräsidenten wollte der besagte Journalist dann aber zunächst nicht offenlegen, für wen er arbeite.

Als sich diese Frage aber doch noch klärte, habe Anwalt Dominic Nellen (37) sofort mit einer Internet-Recherche begonnen. Der Verteidiger von einer der vier angeklagten Personen zu Blick: «Wir haben dann herausgefunden, dass er die Beschuldigten auf Twitter als Terroristen bezeichnet hat.» Der Tweet wird kurz darauf gelöscht, einer der Anwälte beantragt aber den Ausschluss des Journalisten.

Wird der türkische Journalist ausgeschlossen?

Der Einzelrichter unterbricht die Verhandlung, um einen Entscheid zu fällen. Etwa drei Stunden später werden sämtliche Anwesenden wieder in den Gerichtssaal gebeten. «Wir brechen die Verhandlung für heute ab», gibt der Gerichtspräsident bekannt.

Die Begründung: Es sei ein schwieriger Entscheid, denn es gehe um die Unschuldsvermutung sowie um die Pressefreiheit. Massiver, als jemanden aus dem Saal zu schicken, könne die Einschränkung nicht sein, so der Richter. Es gehe darum erst am Mittwochmorgen weiter. Der unvermittelt in den Fokus geratene türkische Journalist selbst wollte gegenüber Blick keine Stellung nehmen.

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