Empfangsbedigungen unklar
Schweiz schiebt vorerst keine Asylbewerber nach Ungarn ab

Asylsuchende werden vorläufig nicht mehr gegen ihren Willen nach Ungarn abgeschoben, auch wenn dies gemäss dem Dublin-Abkommen möglich wäre. Zuerst sollen die Empfangsbedingungen abgeklärt werden.
Publiziert: 01.10.2017 um 14:09 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 01:42 Uhr
Die Situation der Asylsuchenden in Ungarn wurde vielfach kritisiert – die Schweiz hat nun vorerst die Reissleine gezogen.
Foto: LASZLO BALOGH

Diese Massnahme geht auf einen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom Mai zurück, wie SEM-Sprecher Martin Reichlin einen Bericht der «NZZ am Sonntag» bestätigte. Das SEM muss herausfinden, ob es in Ungarns Asylwesen «systematische Schwachstellen» gibt, wie sie in der Dublin-Verordnung aufgeführt sind.

Demnach dürfen Asylsuchende nicht in ein Land geschafft werden, in denen den Gesuchstellern eine unmenschliche oder unwürdige Behandlung droht. Diese Abklärungen dauern. Bis sie fertig sind, sind Abschiebungen gemäss Reichlin nur noch in Ausnahmefällen möglich, wenn eine Person ausdrücklich verlangt, nach Ungarn zurückzukehren.

Seit Jahresbeginn hat die Schweiz zwölf Asylsuchende nach Ungarn ausgeschafft und 102 entsprechende Anträge gestellt.

Das Bundesverwaltungsgericht führte in seinem Entscheid aus, wie sich die rechtlichen und humanitären Verhältnisse für Asylsuchende in Ungarn seit der grossen Flüchtlingswelle im Sommer 2015 verändert haben.

Flüchtlinge müssen in Transitzone verharren

So sei ein Stacheldrahtzaun gebaut worden. Asylsuchenden, die das Territorium Ungarns illegal betreten würden, drohe eine Gefängnisstrafe. Und die Flüchtlinge müssten in einer Transitzone an der ungarisch-serbischen Grenze verharren, bis ihr Asylgesuch entschieden sei.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe im Fall von drei Personen kürzlich entschieden, dass die Unterbringung in den zwei bestehenden Zentren in dieser Transitzone einer Inhaftierung gleich komme. Dies geschehe ohne entsprechenden Entscheid, gegen den gerichtlich vorgegangen werden könne.

Der Zugang zu diesen Transitzonen sei beschränkt. Wer dort nicht unterkomme, müsse in Vor-Transitzonen in Serbien verharren, wo alarmierende Verhältnisse herrschten.

Weiter hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass unklar sei, ob der Zugang zu einem korrekten Asylverfahren gewährleistet sei.

Bezüglich jener Personen, die aufgrund des Dublin-Verfahrens nach Ungarn zurückgeschickt würden, sei nicht klar, wo sie untergebracht würden und welchen Status sie erhielten. Die Asylgesuche von Personen in Ungarn würden gemäss der neuen dortigen Rechtsprechung eingestellt, wenn jemand das Land verlasse. (SDA)

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