Vom Einbruchsopfer zum Täter, und das innerhalb von wenigen Minuten. Das passierte einem heute 60-jährger Mann aus Biel BE gestern Donnerstag vor dem Regionalgericht Berner Jura-Seeland, wie das «Bieler Tagblatt» berichtet.
Am 16. Juli 2015 um 5.05 Uhr merkte der Mann, dass ein Einbrecher in seiner Wohnung sein Portemonnaie geklaut hatte. Der Dieb versuchte zu flüchten, rannte auf den Balkon, kletterte übers Geländer und hielt sich mit den Fingern fest. Unter ihm gehts knapp zehn Meter in die Tiefe.
Der Einbrecher war der Nachbar
Der Bestohlene, der erst seit wenigen Minuten wach war, haute mit der Faust auf die Finger des Einbrechers – dieser fällt auf den Boden und musste wegen den schweren Verletzungen mehrfach operiert werden. Durch den Sturz verlor er sein linkes Bein.
Was der Bestohlene anfangs noch nicht ahnte: Bei dem Einbrecher handelte es sich um seinen Nachbar, der am besagten Morgen betrunken und unter Drogen in seine Wohnung eingedrungen war.
Die Staatsanwaltschaft beurteilte das Vorgehen des Einbruchsopfers als vorsätzlichen Tötungsversuch. Dagegen wehrte sich dieses. Vor Gericht klagte er, dass es eine Frechheit sei, «mich mitten im Schlaf ausrauben zu wollen». Den Faustschlag bestritt er nicht, er habe dem Einbrecher nur «ä schöne, fiine Gruess» gegeben.
Für Gericht nur Eventualvorsatz
Die Pflichtverteidigerin des 60-Jährigen argumentierte vergeblich, dass der Dieb «sowieso runtergefallen» wäre. Sie bezeichnete den Vorfall als Unfall und forderte einen Freispruch.
Das Gericht zeigte einen Hauch von Gnade und milderte eine juristische Nuance: Der Faustschlag sei nur ein Tötungsversuch mit Eventualvorsatz gewesen. Sprich: Er hat in Kauf genommen, dass der Dieb durch den Sturz sterben könnte. Das Einbruchsopfer kassierte eine dreijährige Gefängnisstrafe. Davon muss er ein Jahr absitzen! (pma)