Ein Jahr nach dem Stromschlag-Drama von La Neuveville BE
Eltern von Claire (†24) warten noch immer auf Gerechtigkeit

Wegen eines defekten Stromkabels kam es vor einem Jahr in La Neuveville BE zur Tragödie: Zwei Frauen und ein Hund starben wegen des Elektro-Pfusches im Bielersee. Eine Anklage gibt es noch immer nicht.
Publiziert: 17.05.2018 um 23:48 Uhr
|
Aktualisiert: 14.09.2018 um 16:40 Uhr
1/16
Christiane (61) und Röbi Schläfli (64) beim Mahnmal in La Neuveville BE.
Foto: Peter Gerber
Gabriela Battaglia

Das Mahnmal im Hafen von La Neuveville BE berührt: Blumen, Stoffherzen, Fotos und Kerzen zeugen vom unfassbaren Drama, dass sich hier vor einem Jahr ereignete. 

Die Einheimische Claire Schläfli (†24) starb durch einen Stromschlag, weil sie ihre Hündin Makani (†7) aus dem Bielersee retten wollte. Die Holländerin Miranda Bridsall (†53) eilte zu Hilfe – auch die Mutter dreier Kinder erlitt einen tödlichen Stromschlag.

Die technische Ursache für die Tragödie war rasch klar: Wegen eines defekten Kabels bei der elektrischen Installation am Hafen standen Geländer und Wasser unter Strom. Die beiden Frauen und die Belgische Schäferhündin hatten keine Chance (BLICK berichtete).

«Es ist hart, aber es gibt mir Kraft»

Röbi Schläfli (64) und seine Frau Christiane (61) haben das Mahnmal geschaffen, bringen Blumen und hängen Bilder ihrer Tochter auf. Der Vater von Claire besucht den Ort jeden Abend. «Es ist hart, aber es gibt mir Kraft», sagt Röbi Schläfli.

Seine Frau schafft das nicht. «Es gibt noch immer Tage, an denen ich daran zweifle, ob das wirklich passiert ist», sagt Christiane Schläfli.

Ihre Tochter war Hundeführerin in der Armee, Makani ihre Rettungshündin. Die beiden waren unzertrennlich. Claire und Makani trainierten auch beim Verein für Such- und Rettungshunde Redog. Die Geomatikerin wollte Paläontologie studieren. 

Interne Mängel bei Gemeinde

Auch ein Jahr nach der Tragödie ist unklar, wie es zum Elektro-Pfusch kam. Zuständig für die Anlage war die Gemeinde. Eine ortsansässige Firma hatte den Auftrag Ende 2016 ausgeführt. Anschliessend gab es sogar eine Kontrolle durch eine Zweitfirma. 

Die Eltern von Claire Schläfli sind wütend. «So einen Pfusch darf man einfach nicht machen», sagt der Vater. Der frühere Töff-Schweizer-Meister führt seit 32 Jahren im Ort ein Motorradgeschäft. «Es ist für mich schlicht unvorstellbar, dass ich vergesse, eine Schraube anzuziehen. Ich stehe gegenüber meinen Kunden in der Verantwortung.»

Eine administrative Untersuchung ergab, dass es organisatorische und kommunikative Mängel zwischen Gemeindeorganen gab. Die Gemeinde erklärte, diese würden korrigiert. Das stellt den Vater nicht zufrieden: «Es gibt mehrere Schuldige», sagt Röbi Schläfli.

Hoffen auf Prozess

Die Berner Staatsanwaltschaft eröffnete nach dem Drama eine Untersuchung wegen fahrlässiger Tötung. Die Ermittlungen laufen noch. «Das Dossier ist extrem komplex», sagt der zuständige Staatsanwalt Raphaël Arn zu BLICK. 

Die Eltern hoffen auf einen baldigen Prozess. Röbi Schläfli schreibt seiner Tochter Claire jeden Abend. «Ich berichte ihr vom Tag, so als ob sie nur in den Ferien wäre.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?