«Es zerreisst einem fast das Herz»
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Kirchenbrand an Weihnachten:Sanierungsarbeiten in Herzogenbuchsee laufen

Drama um Kirchturm in Herzogenbuchsee
Sind marode Elektroinstallationen schuld am Brand?

Im Turm der reformierten Kirche in Herzogenbuchsee BE brach am 24. Dezember ein Feuer aus. Die Brandursache ist noch unklar. Ein Glocken-Experte hat einen Verdacht: marode Elektroinstallationen.
Publiziert: 25.12.2019 um 14:39 Uhr
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Aktualisiert: 26.12.2019 um 13:55 Uhr
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Das Feuer im Turm der reformierten Kirche im bernischen Herzogenbuchsee hat an Heiligabend grossen Schaden angerichtet.
Foto: Keystone

Inferno an Weihnachten! Der Turm der reformierten Kirchen in Herzogenbuchsee BE steht am 24. Dezember in Flammen. Mit Mühe kämpft die Feuerwehr gegen den Brand – stundenlang. Dann gegen Mittag endlich die Nachricht: Das Feuer ist unter Kontrolle und gelöscht. Ein Trugschluss!

Gegen 19 Uhr bemerkt die Brandwache starken Rauch im Dachstock des Turms. Der Löscheinsatz beginnt von vorne. Doch das Kirchendach ist nicht mehr zu retten. Turmspitze fällt in sich zusammen. Teile davon krachen auf das darunterliegende Kirchenschiff, reissen Löcher in das Dach. (BLICK berichtete)

Turm wurde zuletzt in den 1970ern saniert

Wieso das Feuer im Turm ausbrach, ist weiterhin unklar. Die Brandermittler konnten die Kirche noch nicht betreten. Erst müssen die Sicherungsarbeiten abgeschlossen sein. Bislang sei es zu gefährlich, hiess es gestern bei der Kantonspolizei Bern auf Anfrage.

Kirchturm von Herzogenbuchsee eingestürzt
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Christian Thesen, auch bekannt als Glockendoktor, hat allerdings bereits einen Verdacht: marode Elektroinstallationen. «In den letzten 8 Jahren sind mindestens 3 Türme wegen Feuers in der Schweiz komplett ausgebrannt», schreibt er auf Twitter. Jedes Mal seien die veralteten Elektroinstallationen schuld.

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In einem weiteren Tweet schreibt Thesen weiter: «Strom ist eben nicht ungefährlich.» Und tatsächlich: Saniert wurde der Turm schon lange nicht mehr, zuletzt in den 1970er Jahren, wie Christoph Tanner, Kirchengemeinderatspräsident von Herzogenbuchsee, erklärt. Anders dagegen das Kirchenschiff. Das wurde erst im Jahr 2018 mehrere Monate lang saniert.

«Es bricht einem fast das Herz»

Der Brand-Schaden wird auf mehrere Millionen Franken geschätzt. «Besonders die Kirchenorgel wurde durch das Löschwasser stark beschädigt», sagt Regierungsstatthalter Marc Häusler zu BLICK. Der Ausbau der Orgelpfeifen hat bereits begonnen. Die Glocken scheinen dagegen die Flammen gut überstanden zu haben.

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Die Feuerwehr kontrollierte die Kirchen und den Turm weiter auf Glutnester. Dafür kamen Wärmebildkameras zum Einsatz. «Die Sicherungsarbeiten sind so weit abgeschlossen. Die Feuerwehr zieht sich im Laufe des Tages zurück. Dann übernehmen Handwerker, um die Schäden zu beheben», erklärt Häusler. Er kann immer noch nicht glauben, was am 24. Dezember passiert. Der Regierungsstatthalter zu BLICK: «Es bricht einem fast das Herz wenn man sehen muss, wie der Kirchturm am Heiligen Abend einstürzt.»

Glutnest entfachte das Feuer erneut

Besonders schlimm: Das Feuer galt zunächst als gelöscht, dann schlugen erneut Flammen aus dem Kirchturm. Wie konnte das nur passieren? Das Gebiet wurde gegen 16 Uhr mit einer Wärmebildkamera nach Glutnestern abgesucht, erklärt Regierungsstatthalter Marc Häusler. Danach wurde entschieden, die Brandwache einzusetzen. Das Schlimmste schien überstanden. Doch zu jenem Zeitpunkt wusste keiner genau, was unter dem Kirchendach aus Kupfer lodert. Feuerwehrkommandant Simon Schär zu BLICK: «Ein Glutnest an einer unzugänglichen Stelle hat das Feuer erneut entfacht.»

Und: Die Feuerwehr hatte von Beginn an Probleme damit, nah genug an die Flammen zu kommen. Eine Autodrehleiter konnte nicht direkt vor dem Turm ausgefahren werden. Als Alternative kamen private Hebebühnen zum Einsatz. Die Einsatzkräfte konnten den Brand also nur von aussen bekämpfen. Den Turm zu betreten und von innen die Flammen zu löschen war unmöglich – aus Sicherheitsgründen.

Konzerte mussten verlegt werden

Die eingestürzte Turmspitze konnte mittlerweile an einem Stück herausgezogen werden. «Die Spitze durchbrach das Dach und blieb dann im Zwischenboden liegen», sagt Schär. Der Kirchenraum selbst blieb deshalb grösstenteils verschont. Dass die Spitze wieder aufgesetzt wird, ist nahezu unwahrscheinlich. «Die ist relativ durchgebrannt», sagt Schär.

Die Kirchgemeinde sowie die Einwohnergemeinde Herzogenbuchsee sind bestürzt nach dem Brand. «Wir sind traurig und betroffen», schreiben die Verantwortlichen in einer Mitteilung. Ihr Dank gelte «allen Einsatzkräften». Turm und Kirche sind bis auf Weiteres geschlossen. Das Weihnachtskonzert , das am 26. Dezember in der Kirche stattfinden sollte, wird in die Aula Oberstufe verlegt. Auch das traditionelle Neujahrskonzerts am 1. Januar 2020 wird an anderer Stelle stattfinden. Neu in der Sporthalle Mittelholz. (jmh/man/hii)

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