Zwei Polizisten und einen Anwalt im Rücken, den mutmasslichen Killer vor dem Mikrofon: Ein Interview mit einem Mann, dem vorsätzliche Tötung vorgeworfen wird, ist alles andere als üblich. Entsprechend nervös bin ich vor dem Gespräch. Doch vor Robert Schmid (57) muss ich keine Angst haben, sagt mir mein Gefühl – auch wenn er seit über zwei Jahren im Gefängnis sitzt.
Der Mann, dem die grausame Tötung seiner Freundin Daniela S.* (†41) im Februar 2018 in Frutigen BE sowie das Anzünden ihres Hauses im Anschluss vorgeworfen wird, wirkt sympathisch. Er spricht mit ruhiger Stimme, beharrt auf seiner Unschuld und jammert im Exklusiv-Interview mit BLICK über den Knast-Alltag: «Diese Haft ist Psycho-Folter!»
Tränen im Interview
Als ich ihn nach Daniela S. frage und ob er die Trauer über ihren Verlust verarbeiten konnte, bricht er in Tränen aus. Ich bin überfordert. Wie tröstet man einen mutmasslichen Killer vor laufender Kamera?
Doch von vorne. Am Montag ging ich mit geordneten Gedanken an die Hauptverhandlung in Thun BE. Es gab für mich einen Beschuldigten und eine Leiche. Das Motiv: wohl die gescheiterte Liebesbeziehung. Der Fall schien für mich klar.
17 Jahre Knast oder Freispruch
Doch schon nach wenigen Stunden im Gericht wurde mir bewusst: Hier ist gar nichts klar! Es gibt keine Tatwaffe, die Experten können die Brandstiftung nicht beweisen und die Todesursache ist mehr als rätselhaft. Daniela S. könnte an einem Drogencocktail gestorben sein – oder durch eine gewaltsame Kopfverletzung. Auch Suizid oder ein Unfall wären denkbar.
Während die Staatsanwaltschaft Robert Schmid als Lügner darstellt und ihn für 17 Jahre hinter Gitter bringen will, fordert der Verteidiger für den ehemaligen Unternehmer einen Freispruch. Doch nicht nur die Forderungen, auch die Taktiken der Parteien sind grundverschieden.
Hitzige Diskussionen im Gerichtssaal
Die Staatsanwältin überzeugt mit ruhiger, sachlicher Argumentation. Sie hält sich an den Verfahrensablauf und ist stets auffallend höflich. Das Gericht scheint ihr wohlgesinnt zu sein. Der Verteidiger jedoch geht wie ein kämpfender Löwe auf die Barrikaden. Stellt viel mehr Fragen als vereinbart und regt sich lautstark darüber auf, wenn die Richter ihn bei Anträgen abblitzen lassen. Die Gerichtspräsidentin schien manchmal vor Wut fast zu platzen und massregelte den Verteidiger dementsprechend aufgebracht.
Dann ist da eben noch dieser Typ Cowboy. Dieser Mann, der ein Killer sein soll. Doch Robert Schmid ist höflich und charmant. Er ist kaum grösser als ich, hat einen kleinen Bauch und spricht mit ruhiger Stimme. Ein bodenständiger Oberländer – sollte man meinen.
Schuldig oder nicht?
Immer wieder versuche ich als neutrale Prozessbeobachterin zu urteilen: Ist er ein eiskalter Killer oder doch ein Opfer der Justiz? Ich möchte nicht in der Haut der fünf Richter stecken, denn ich komme zu keinem Schluss. Das Urteil des Regionalgerichts Thun wird in einer Woche erwartet.
* Name bekannt