Der Koks-Pfarrer über die Frau, die ihn ins Drogen-Geschäft zog
«Ich hatte Gefühle für sie. Und sie redete viel von Gott»

Am Flughafen Zürich wurde A. W. mit 3 Kilogramm Kokain erwischt. Jetzt spricht der reformierte Pfarrer über jene Frau, welche ihn zum Transport verleitet hat.
Publiziert: 12.05.2015 um 17:30 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 10:17 Uhr
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A.W. (44) beim BLICK-Interview im Garten des Pfarrhauses.
Foto: BLICK/Peter Gerber
Von Michael Sahli

Eine kleine Gemeinde im Hinterland von Solothurn, 2500 Einwohner. Hier wohnt und arbeitet A. W.* (44), der Koks-Pfarrer. Im letzten Dezember wurde der reformierte Gottesmann am Flug­hafen Zürich verhaftet.

Weil er einen Drogenkurier mit knapp drei Kilo Kokain im Gepäck ab­holen und nach Basel fahren wollte (BLICK berichtete).

Zwei Monate sass A. W. in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz und Geldwäscherei vor. Jetzt bangt er um Job, Freiheit – und seine Ehe.

Im BLICK-Interview ist der Pfarrer nervös. Fast zittrig. «Angefangen hat alles vor drei Jahren», beginnt er. Damals lernte er die schöne I. M.* kennen, in einem Café. Sie soll ihn in die Geschäfte hineingezogen haben. «Sie hat mich angesprochen, sagte, sie sei sehr gläubig. Sie hat viel von Gott geredet.»

Über drei Jahre lang habe der verheiratete Pfarrer der exotischen Schönheit immer wieder geholfen: beim Umzug, bei der Jobsuche, bei Korrespondenz mit dem Sozialamt, und als sie Depressionen bekam. «Ich hatte am Anfang Gefühle für sie», gibt er zu. Sie habe ihm aber relativ schnell einen Korb gegeben. «Angeblich hatte sie einen nigerianischen Freund.» Der sei in Brasilien im Gefängnis.

22 Flugtickets gekauft

A. W. soll sich als Reisebüro für I. M. und ihre Drogenkuriere betätigt haben. Mit seiner privaten Kreditkarte kaufte er im vergangenen Jahr 22 Flugtickets. «Ich habe nicht gefragt, wofür die sind», sagt der Pfarrer. «Sie sagte, sie habe keine Kreditkarte. Einen Teil des Geldes hat sie mir in bar zurückgezahlt. Aber 10 000 Franken blieb sie mir schuldig.»

Ahnte er nicht, dass die schöne I. M. in Drogengeschäfte verwickelt war? «Einmal habe ich nachgefragt», sagt A. W. Da sagte sie, ich könne mir ja denken, wofür das Ganze sei.» Genaues habe er aber nicht gewusst.

Im Dezember habe I. M. ihn dann gebeten, den Mann vom Flughafen Zürich abzuholen. «Ich hatte schon von Anfang an ein ganz schlechtes Gefühl. Dachte, dass das etwas mit Drogen zu tun haben könnte.» Aber: «Ich war schon zu tief drin. Irgendwie hat sie mich über­redet. Und sicher war ich mir ja nicht.»

Er selber habe an der ganzen Sache weder etwas verdient, noch sei er je in Kontakt mit Kokain gekommen. Der Pfarrer macht ganz den Eindruck, als könne er sich nachträglich das alles selber nicht mehr erklären. «Ich konnte mich nicht abgrenzen», sagt er. Und: Die Monate im Gefängnis seien hart gewesen. «An Weihnachten wurden sogar meine Mandarinen und Nüsse durchsucht, die ich geschenkt bekommen hatte.»

Die Frau hat den Kontakt abgebrochen

I. M. hatte wohl im Gegensatz zu ihm schönere Weihnachten. Gegen sie läuft ebenfalls ein Verfahren. Wo genau sie sich derzeit aufhält, ist aber unklar. Der Pfarrer vermutet aufgrund ihrer Facebook-Einträge, dass sie in Brasilien ist.

Seit seiner Verhaftung hat er nie wieder etwas von der Frau gehört. Die Polizei hat jeglichen Kontakt verboten. «Ich wurde sicher ausgenutzt», sagt er. «Ich will sie gar nicht mehr sehen. Ich kämpfe jetzt um meine Ehefrau.»

Der Gottesmann hofft auf eine bedingte Strafe. Und dass er seinen Job behalten kann. «Nicht wegen mir, aber für meine Ehefrau.» Im Moment wohnt er zwar noch im Pfarrhaus, ist aber freigestellt. Den Glauben an das Gute hat der Pfarrer trotzdem nicht verloren: «Ich glaube, I. M. wurde von ihrem nigerianischen Freund da hineingezogen.»

* Namen der Redaktion bekannt

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