Beat (14) bei Alpaufzug totgefahren
Bremsspur ist 40 Meter lang

Ein Lieferwagen rast in einen Alpaufzug. Beat Z.* (14) wird weggeschleudert. Im Spital stirbt er an seinen Verletzungen.
Publiziert: 15.06.2009 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 21:39 Uhr
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Von Hannes Heldstab

Die Bauern treiben ihr Vieh am Samstag um 4.40 Uhr von Frutigen her Richtung Giesenen-Alp. Es ist «Züglete», wie der Alpaufzug im Berner Oberland genannt wird.

Noch vor der Dämmerung gehen sie los auf der Hauptstrasse. Beat Z.* (14), der Zimmermanns-Bub aus dem Ortsteil Reinisch, darf mit. Aus Plausch hilft er den Treibern, die rund 50 Kühe und Rinder auf die Alp zu bringen. Erst vor Kurzem hat er den Traktorführerschein gemacht. Er liebt die Landwirtschaft.

Da rast von hinten aus dem Halbdunkel ein blauer Lieferwagen auf die Herde zu. Ein Kurierfahrer, der frühmorgens Zeitungen nach Kandersteg liefert. Der Mann fährt die Strecke jeden Tag, normalerweise ist die Strasse menschenleer – mit der «Züglete» hat er nicht gerechnet.

«Ich hörte laut die Reifen quietschen, es knallte und dann war da nur noch Geschrei», sagt ein Anwohner, den das Glockengebimmel der Herde geweckt hatte.

Der Chauffeur versucht zu bremsen. Seine Spur ist 40 Meter lang. Doch im Bunderholz kracht er in die Schar. Schleudert Beat Z. weg. Der Bub bleibt verletzt liegen.

Der Anwohner rennt aus dem Haus, will helfen. «Da sah ich den schwer verletzten Buben auf der Strasse. Er lebte noch. Daneben auf dem Trottoir wie ein Häufchen Elend der Chauffeur.» Bald treffen die Retter ein. Die Rega bringt Beat ins Spital. Doch dort stirbt er wenig später an seinen schweren Verletzungen.

Nun trauert das ganze Kandertal. Am Unfallort haben Freunde und Bekannte Blumen und Kartengrüsse hinterlegt. Jemand schreibt: «Beat, du bisch itze der hellst Stärn am Himmu.»

Auf diesem Strassenabschnitt gilt Tempo 80. Die Polizei untersucht noch die Ursache des Unfalls. Beats Eltern wollen nicht über den Tod ihres Sohnes sprechen. Zu tief sitzt der Schock. Beat hat zwei jüngere Geschwister.

Wirt Francis Hadorn (58) kam am Ort des Dramas vorbei, als er zum Einkaufen unterwegs war. Und schüttelt den Kopf: «Ich verstehe nicht, wie das passieren kann. Man weiss doch, dass jetzt Züglete ist. Ausserdem trugen einige der Männer Leucht-Gilets.»

Was er nicht weiss: Nur wenig mehr als eine Stunde vor dem tödlichen Unfall in der Gemeinde Kandergrund raste auf der gleichen Strecke ein Töfffahrer frontal in eine Herde, die schon früher unterwegs war. Der Motorradfahrer und einige Kühe verletzten sich.

*Name der Redaktion bekannt

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