Bauunternehmer im Visier der Justiz
Der Mann aus Visp und die Mafia

Bisher ging es lediglich um Bestechung. Doch jetzt wird klar: X. aus dem Oberwallis hat Verbindungen zum organisierten Verbrechen in Italien.
Publiziert: 17.06.2017 um 23:55 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 00:35 Uhr
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X. soll Geschäfte für die Mafia eingefädelt haben.
Foto: Antonio Giuliano
Cyrill Pinto

Der Vorwurf wiegt schwer: Bestechung von Amtsträgern. Seit 2015 ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen X.* (63). Im März letzten Jahres (siehe Box) kam er in Untersuchungshaft.

Doch mit den jetzigen Enthüllungen erhält die Affäre um den Bauunternehmer aus dem Oberwallis eine neue Dimension. Gleich zwei Urteile belegen, dass der Ex-Chef der Baufirma Y.* Kontakte mit der organisierten Kriminalität unterhielt. Genauer: mit der Mafia.

Das neuere der beiden Urteile dreht sich um die Unterwanderung der Expo Milano durch die sizilianische Mafia. Italienische Anti-Mafia-Jäger fanden heraus: Das Unternehmen Dominus, das für die Weltausstellung von 2015 mehrere Pavillons errichtete, ist eng mit der Cosa Nostra verbunden, der sizilianischen Mafia.

Häufige Treffen

Im Rahmen der Operation «Giotto» wiesen die Ermittler nach, wie das Unternehmen Rechnungen im Umfang von rund 20 Millionen Euro fingierte – Geld, das an Mittelsmänner der  Cosa Nostra floss. Im Februar wurde Giuseppe Nastasi (40) von einem Mailänder Gericht als Hauptverantwortlicher zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Ihm waren Verbindungen zur Familie Accardi nachgewiesen worden, die seit Jahrzehnten eng mit der Mafia im westsizilianischen Castelvetrano verknüpft ist. Deren führender Kopf: Matteo Messina Denaro (55), genannt Diabolik. Seit 2007 gilt er als Nummer eins der Cosa Nostra, seit über 20 Jahren lebt er im Untergrund. Das italienische Magazin «Lettera43» machte die Verbindungen kürzlich öffentlich.

Nastasi war es, der im Februar 2015 den Namen des Oberwallisers erstmals in einem Gespräch erwähnte, das die Polizei abhörte. Zu einem anderen Mafioso sagte er: «Es war X., der uns half, bei der Expo Milano ins Geschäft zu kommen – du musst ihn kennenlernen … er ist Kalabrese, Wohnsitz in Visp … er hat ein Bauunternehmen, macht 800 bis 900 Millionen pro Jahr – er ist gross!» Laut Ermittlern traf sich Nastasi häufig mit X. – auch in dessen Villa südlich von Domodossola (Foto u. links).

Vor kurzem verkaufte er seine Firma

Aus den Akten der italienischen Polizei geht hervor: Die Italiener haben X. seit den 90er-Jahren auf dem Radar. Er verkehrte mit Personen, die wegen ihrer Mafia-Zugehörigkeit überwacht werden. 1993 fällt X. den Ermittlern erstmals auf – damals geht es um Waffenschmuggel zwischen der Schweiz und Italien.

Seitdem steht in polizeiinternen Fichen, dass der Oberwalliser zu einer mafiösen Vereinigung gehört und dass wegen des unerlaubten Tragens und Besitzes von Waffen gegen ihn ermittelt wird (s. Ausriss links). Das zweite Mal wurde die Polizei 2006 auf X. aufmerksam, als wegen Aktivitäten der kalabresischen Mafia-Organisation ’Ndrangheta in Norditalien ermittelt wurde. Die Staatsanwaltschaft in Reggio Calabria vermerkte X. damals als «lokalen Unterstützer».

Erst vor ein paar Wochen verkaufte X. seine Firma an ein anderes Bauunternehmen. Was sagt er zu seinen nun bekannt gewordenen Mafia-Kontakten? X.s Anwalt Fernando Willisch sagt: «Mein Mandant bestreitet diese Vorwürfe vehement.»

Und beim Astra, das in den letzten Jahren Aufträge über mindestens 150 Millionen Franken an X. vergab, heisst es, dass zu einem laufenden Verfahren keine Stellung genommen werden könne.

*Name der Redaktion bekannt

Die Bundesanwaltschaft ermittelt

Am 17. März 2016 schlug die Bundespolizei zu: Am Grenzübergang Gondo VS verhaftete sie den Bauunternehmer X. (63). Zur gleichen Zeit kamen zwei weitere Verdächtige in Untersuchungshaft: Beamte der Aussenstelle des Bundesamts für Strassen (Astra) in Visp VS, deren Büros sofort von den Ermittlern durchsucht wurden – ebenso wie A.s Baufirma. Der Vorwurf der Bundesanwaltschaft (BA) lautete auf aktive und passive Bestechung von Amtsträgern sowie ungetreue Geschäftsführung. Den Beteiligten drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis. Später weitete die Bundesanwaltschaft ihre Untersuchungen auf eine weitere Person aus. Gegenüber SonntagsBlick bestätigt die Behörde ein wenig umständlich, dass die Ermittlungen andauern: «Da es sich bei den Verfahren um dynamische Prozesse handelt, die nicht von der BA alleine beeinflusst werden, kann über deren zeitlichen Rahmen keine Prognose gemacht werden.»

Am 17. März 2016 schlug die Bundespolizei zu: Am Grenzübergang Gondo VS verhaftete sie den Bauunternehmer X. (63). Zur gleichen Zeit kamen zwei weitere Verdächtige in Untersuchungshaft: Beamte der Aussenstelle des Bundesamts für Strassen (Astra) in Visp VS, deren Büros sofort von den Ermittlern durchsucht wurden – ebenso wie A.s Baufirma. Der Vorwurf der Bundesanwaltschaft (BA) lautete auf aktive und passive Bestechung von Amtsträgern sowie ungetreue Geschäftsführung. Den Beteiligten drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis. Später weitete die Bundesanwaltschaft ihre Untersuchungen auf eine weitere Person aus. Gegenüber SonntagsBlick bestätigt die Behörde ein wenig umständlich, dass die Ermittlungen andauern: «Da es sich bei den Verfahren um dynamische Prozesse handelt, die nicht von der BA alleine beeinflusst werden, kann über deren zeitlichen Rahmen keine Prognose gemacht werden.»

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