Die Armee rechnet sich klein. Während Armeevertreter und Sicherheitspolitiker seit Jahren einen Personalmangel bei der Miliz beklagen, ist die Situation in der Realität wohl weit weniger dramatisch.
Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, ist die Armee grösser als sie zugibt. Ihre wahre Grösse wird verschleiert. So werden bei der Berechnung des Bestandes verschiedene Gruppen von Soldaten einfach weggelassen – obwohl diese voll ausgerüstet und dienstpflichtig sind und im Ernstfall auch eingesetzt werden könnten.
Effektiv: 155'000 statt 140'000 Soldaten
Laut Recherchen der Zeitung fehlen in dem von der Armeereform angestrebten Effektivbestand rund 15'000 Soldaten. Somit hätte die Armee bei einem möglichen Einsatzfall Zugriff auf 155'000 und nicht, wie offiziell angegeben, nur auf 140'000 Mann.
Nicht zum offiziellen Effektivbestand gezählt werden beispielsweise Durchdiener, die ihren letzten Diensttag absolviert haben. Dies, obwohl sie gemäss Militärgesetz noch während vier Jahren in der Armee eingeteilt bleiben und bei Bedarf zu Einsätzen aufgeboten werden können.
Ebenfalls nicht mitgezählt werden Armeeangehörige, die sich im Jahr ihrer Entlassung aus dem Militär befinden. Dabei können auch diese Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere gemäss dem schweizerischen Militärgesetz noch für Einsätze aufgeboten werden.
Zweifelhafte Praktik dank Armeereform
Mit dem Vorwurf der Verschleierung konfrontiert, führt die Armee unterschiedliche Gründe für die Nichtberücksichtigung der Soldaten an. Zwar treffe es zu, dass Durchdiener auch nach ihrem letzten Diensttag noch vier Jahre lang vollständig ausgerüstet und dienstpflichtig blieben. Sie seien aber nur bedingt einsatzfähig, je länger ihre aktive Zeit in der Armee zurückliegt, so eine Armeesprecherin zum «Tages-Anzeiger».
Bei den Soldaten im letzten Dienstjahr sei es des Weiteren sinnlos, sie zum Effektivbestand hinzuzuzählen – weil die Entlassung durch die Kantone erfolge, und zwar gestaffelt über das ganze Jahr.
Zweifelhaft bleibt die Nichtberücksichtigung trotzdem. Denn Fakt ist: Bislang wurden sowohl Durchdiener als auch Soldaten vor der Entlassung in die Bestandeszahlen aufgenommen. Erst mit der Reform Weiterentwicklung der Armee, die 2018 in Kraft tritt, gelten sie als nicht mehr erheblich für den Effektivbestand. (gr)