Bergbauern-Drama im Entlebuch
«Das Jodeln gab mir Kraft»

Mutter Heidi sang auf der Bühne, während der Hof der Familie abbrannte. Ihr Mann und der Sohn konnten noch Tiere retten.
Publiziert: 07.04.2013 um 20:58 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 05:09 Uhr
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Der Bauernhof der Familie Häfliger vor dem Brand.
Von Beat Michel

Im Restaurant Alpenrösli in Wiggen LU steigt die Spannung. Das Jahreskonzert des Jodlerklubs Schratte Hilferntal steht bevor. Mit dabei auch das Bauernpaar Häfliger: Vorjodlerin Heidi (50) und Gründungsmitglied Franz (62) machen sich bereit für ihren Auftritt.

Es ist Freitag, 19.45 Uhr. Zur gleichen Zeit, daheim in Krümpelhütten hoch über Wiggen, will Sohn Beat (23) gerade in den Subaru steigen. Um seine Eltern im Alpenrösli zu sehen. «Da sah ich Rauch aus der Scheune aufsteigen.»

Ein Kalb lief in die Flammen zurück

Er rennt hin, reisst die Tür auf. Feuer im Zwischengang! «Ich sah, dass ich keine Chance hatte, das selber zu löschen.» Beat Häfliger schickt seine Freundin Sandra Lustenberger (22) in Richtung Tal. «Ich fuhr, so schnell es ging», sagt sie. Der zweite Nachbar ist daheim, alarmiert die Feuerwehr. Sie fährt ins Alpenrösli, holt Franz, fährt mit ihm zum Hof zurück.

Heidi Häfliger bleibt. Jodelt tapfer. «Ich wusste, dass ich da oben nichts ausrichten kann. Ich wollte jodeln», sagt sie. «Denn das Jodeln gab mir Kraft.»

Sohn Beat kämpft derweil ums Überleben der Tiere. Macht den zwölf Kühen und zehn Rindern das Tor auf, kann sechs der acht Mastkälber aus dem Stall zerren. «Eines war zu schwer, ein ganz junges lief in die Flammen zurück», sagt er.

Als Franz Häfliger mit Sandra beim Hof ankommt, ist es schon zu spät. «Ich konnte durchs Haus durchschauen», so Häfliger.

Büsi gerettet

Beat kann Appenzellermischling Lüssi (2) noch wegjagen. Die trächtige Berner Laufhündin Cora (8) aber stirbt in der Küche. «Zufällig sah ich unser zwei Wochen altes Büsi», sagt Beat Häfliger. «Ich fing es, steckte es in die Jackentasche.»

110 Feuerwehrleute rücken zum Hof aus. Sie können ihn nicht retten. Wohnhaus und Scheune brennen vollständig ab.

«Ich habe nur noch die Entlebucher Festtagstracht vom Auftritt. Alles andere ist verbrannt», sagt Heidi Häfliger. «Wir haben noch nicht ein-mal ein Zahnbürsteli. Alles ist weg», sagt Beat Häfliger. «Es ist, als hätte es uns gar nie gegeben.» Aber, so Franz: «Es ist überwältigend, wie uns die Nachbarn helfen. Sie gaben uns Kleider, Essen, nahmen das Vieh. Die nächsten Tage können wir im Naturfreundehaus schlafen», sagt er. «Wir wollen wieder etwas aufbauen. Wir wollen weiterbauern.»

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