In der Schweiz leidet eine unbekannte Zahl von Frauen an den Folgen eines vaginalen Implantats. Dies berichtet die «SonntagsZeitung» mit Verweis auf das Berner Inselspital, in welchem in den letzten drei Jahren 35 von externen Ärzten implantierte Netze entfernt wurden. Andere Spitäler sollen Ähnliches berichten.
Frauen, die nach Geburten an Inkontinenz leiden, können sich ein Plastiknetz einsetzen lassen. Hunderte sollen es in der Schweiz pro Jahr sein. Laut Studien leiden in der Schweiz 20 Prozent aller Frauen, die geboren haben, an Inkontinenzproblemen.
Gefährliches Implantat
Bloss ist das Implantat nicht ungefährlich. In einer Studie mit 92'000 Patientinnen, denen von 2007 bis 2015 ein Inkontinenzband eingesetzt wurde, stellten britische Forscher 2017 fest, dass jede zehnte Frau Komplikationen erlitt, berichtet die «SonntagsZeitung». Dazu zählen starke Schmerzen, Blutungen, perforierte Organe, Teile des Bandes, die in andere Organe wanderten oder schwere Entzündungen.
Weltweit sollen Gerichte deswegen mit Klagen eingedeckt werden allein in den USA seien es rund 70'000 Zivilklagen, heisst es im Artikel.
Schweizer Firma angeklagt
Zu den angeklagten Unternehmen gehört offenbar auch eine Firma mit Sitz in der Schweiz: Die Firma Ethicon, eine Tochtergesellschaft des US-Konzerns Johnson&Johnson, die wegen der Implantate bereits hohe Schadensersatzsummen bezahlen musste.
Auf Anfrage sagte Ethicon der «SonntagsZeitung», dass die Chirurgie mit implantierbaren Netzen auf jahrelanger klinischer Forschung basiere und einer behördlichen Prüfung unterzogen worden sei. Es sei die bevorzugte Option für Millionen von Frauen, die ihre Lebensqualität verbessern wollten.
Keine Massnahmen in der Schweiz
Wegen der Probleme hat beispielsweise die australische Regierung 2017 die Netze verboten und sich bei den Frauen für ein Jahrzehnt des Leidens entschuldigt, wird berichtet. In Grossbritannien gebe es einen temporären Stopp.
In der Schweiz seien zurzeit keine ähnlichen Massnahmen in Kraft, berichtet die «SonntagsZeitung». Die angefragten Ärzte differenzieren: Unterschiedliche Operationstechniken würden eine Rolle spielen. Zudem könne nicht für alle Komplikationen das Material verantwortlich gemacht werden. (vof)