BAG überhörte ihn
Armee-Chefarzt warnte schon im Februar 2020 vor den Folgen des Coronavirus

Armee-Chefarzt Andreas Stettbacher erkannte bereits früh das Risiko, das auch für die Schweiz vom Coronavirus ausging. Doch seine Bedenken fanden beim Bundesamt für Gesundheit BAG wenig Gehör.
Publiziert: 28.06.2021 um 11:25 Uhr
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Aktualisiert: 28.06.2021 um 12:03 Uhr
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Fanden die Bedenken von Armee-Chefarzt Andreas Stettbacher (59) zu wenig Gehör?
Foto: keystone-sda.ch

Im Februar 2020 war Corona für die meisten Menschen vor allem eines: Eine Biermarke. Gilt das auch für das Bundesamt der Gesundheit (BAG)? Hinweise deuten darauf hin, dass das BAG das Risiko anfangs unterschätzte. Interne Dokumente belegen, dass Armee-Chefarzt Andreas Stettbacher (59) schon seit Anfang Februar 2020 vor dem schweizweiten Ausbruch warnte, doch wenig Gehör fand.

In einem Corona-Lagebulletin hielt der Arzt vom 3. Februar bis zum 20. Mai 2020 seine Einschätzung der pandemischen Lage fest. Die Informationen gingen direkt an Viola Amherd (59), Chefin des Verteidigungsdepartements. Anfang Februar prognostizierte Stettbacher, dass ein Ausbruch nicht zu verhindern sei und «schwere Fälle» das Spitalwesen belasten werden, so der «Tages-Anzeiger».

«Ausbruch ist nicht zu verhindern»

Mitte Februar explodierten die Infektionszahlen in Italien. Doch: Das BAG spricht nur von einem «lokalen Ausbruch». Und selbst nachdem am 25. Februar der erste Schweizer positiv getestet wurde, ist immer noch die Rede von einem «moderaten Risiko» durch Covid-19.

Der Armee-Chefarzt stellt hingegen fest: «Das Risiko für eine Ausbreitung von Covid-19 ist generell erhöht.» Massnahmen innerhalb des Militärs erfolgten rasch. Beispielsweise wurden Rekruten im Tessin dazu angehalten, ihre Kasernen nicht zu verlassen. Stettbacher warnte zudem vor einem rasanten Anstieg innert zwei Wochen, sowie einer Überlastung der Spitäler. Am 13. März forderte er restriktive Massnahmen vom Bundesrat – drei Tage später verhängte dieser schweizweit den Ausnahmezustand.

Auch beim Thema Masken reagierte die Armee früher. Anfang Februar stellte Stettbacher fest, dass der Maskenvorrat des Bundes (13,3 Millionen Stück) nicht lange halten würde. Die Armeeapotheke versuchte damals bereits, Masken nachzubestellen. Kurze Zeit später deckten sich Verwaltungsstellen des Bundes mit Masken aus dem Vorrat der Militärapotheke ein, während es vom BAG noch hiess, Privatpersonen bräuchten keine Hygienemasken zu kaufen.

BAG war auf verschiedene Szenarien vorbereitet

Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» sagt Daniel Dauwalder, Mediensprecher des BAG, zu den Hinweisen: «Die Entwicklung wurde von Beginn weg ernst und die nötigen Arbeiten an die Hand genommen.» Er betont, dass man das Infektionsgeschehen seit Dezember 2019 im Blick gehabt habe.

Am 24. Januar sei die Corona-Taskforce gegründet worden und habe von da an drei Mal wöchentlich getagt. Auch Oberfeldarzt Stettbacher sei Teil der Taskforce gewesen und habe dort jederzeit seine Einschätzung anbringen können. Dauwalder erklärt, dass alle Involvierten zu jedem Zeitpunkt auf verschiedene Szenarien vorbereitet gewesen seien – auch auf den Worst Case. (aua)

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