Armee: Zu viele aufgeboten
Willige Rekruten ausgebremst

Er freute sich auf die RS. Doch weil die Armee zu viele Rekruten aufgeboten hat, muss M.S. enttäuscht wieder nach Hause. Und muss ein Jahr warten.
Publiziert: 05.11.2010 um 12:00 Uhr
|
Aktualisiert: 01.10.2018 um 03:14 Uhr
Von Mario Gertschen

Er hatte sich auf die RS gefreut. M.S.* (20) wollte unbedingt als Baumaschinen-Führer (Bm Fhr) den Militär-Dienst absolvieren. An der Aushebung in Sumiswald erreichte er die höchste Punktzahl von allen und wurde als Bm Fhr ausgehoben. Er verschob die RS sogar um ein Jahr, damit er seinen Traum wahr machen konnte.

Doch vergangenen Montag wird der 20-Jährige von der Armee bitterböse enttäuscht. S. rückt gemäss Marschbefehl in Brugg AG ein, zusammen mit 64 weiteren Rekruten. Nach dem Mittag wird den angehenden Baumaschinen-Führern mitgeteilt, dass ein logistischer Fehler aufgetaucht sei.

Anstelle der 65, habe es nur Platz für 45 Rekruten, erklären die Vorgesetzten den verdutzten Rekruten. Die überzähligen Männer müssten umgeteilt werden oder nächstes Jahr wieder kommen. Freiwillige vor!

«Ich war ehrlich»

Doch keiner meldet sich. Also greift der Vorgesetzte zu unkonventionellen Mitteln. Wer schon einmal seinen Fahrausweis habe abgeben müssen, solle vortreten. «Ich war so ehrlich und bin vorgetreten», sagt S. Er hatte einmal für einen Monat das Billet weg. Ein Fehler.

Er muss gehen oder sich umteilen lassen. Ein Schock: «Ich habe sämtliche Versicherungen, mein Fahrzeug, den Arbeitsvertrag und diverse andere Sachen extra wegen der RS gekündigt», sagt S. Der 20-Jährige wird wütend und macht sich auf und davon.

Jetzt muss S. wieder ein Jahr warten, bis er die RS absolvieren kann. Ein paar Tage später erhält er von der Armee folgendes Entlassungs-Schreiben: «Der hohe Bestand an Bm Fahrer im RS-Start 73-3 zwingt uns, mit Dienstverschiebungen oder auch Funktionsänderungen günstige Voraussetzungen für die Funktionsgrundausbildung der Bm Fahr zu schaffen.»

«Ein Vorgesetzer darf das»

M.S. meint entsetzt: «Der Vorgesetzte dürfte mich so etwas wie den Ausweisentzug gar nicht fragen.» Dem entgegnet Armee-Sprecher Christoph Brunner: «Selbstverständlich darf ein Vorgesetzter diese Fragen stellen.» Weiter erklärt Brunner: «Die Genie RS 73 in Brugg/AG hatte einen aussergewöhnlich hohen Bestand an Rekruten.»

Die überdurchschnittlich hohen Bestände in den einzelnen Zügen hätten das Schulkommando dazu gezwungen, Sofortmassnahmen zu treffen. «Die Massnahmen wurden mit den einzelnen Rekruten abgesprochen und basierten in jedem Fall auf Freiwilligkeit, kein Rekrut wurde zur Funktionsänderung oder zur Verschiebung gezwungen. Auch der genannte Rekrut hat freiwillig unterschrieben», so Brunner.

«Freiwillig ja», sagt M.S., «um meine Ausbildung als Bm Fahrer zu absolvieren, blieb mir aber keine andere Wahl, als mich auf diesen Vertrag einzulassen.» Einen Lichtblick wenigstens gibt es für den abgeschobenen Rekruten. Sein Chef hat ihm seinen alten Job wiedergegeben.

Rekruten sind Schuld


Schuld am ganzen seien die Rekruten selbst, so der Armeesprecher. Von den ursprünglich aufgebotenen Rekruten hätten wiederum bis zu einem Viertel ihren Dienst verschoben. Dieser Umstand erschwere es, dass eine bestmögliche Auslastung der Schulen über alle drei Starts garantiert werden könne, erklärt Christoph Brunner.

«Mit anderen Worten: Diese Situationen entstehen eben auch gerade deshalb, weil sehr viele Rekruten ihre RS verschieben», so der Armee-Sprecher.

*Name der Redaktion bekannt

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?