Und das im Jahr 2019! In der Primarschule Kirchplatz in Wil SG kriegen Fünftklässler ein Lehrmittel vorgesetzt, in dem der Begriff «Negerhäuptling» vorkommt. Als Illustration werden den Kindern dazu stereotype Zeichnungen aufgetischt. Dies berichtet das «St. Galler Tagblatt».
Grosser Löwe ist der Name des «Negerhäuptlings». In der Geschichte, mit der die Kinder ihre Lesefertigkeit trainieren sollen, rettet er heldenhaft Kleine Blume, die einem heimtückischen Frauenraub zum Opfer gefallen ist. Was sich liest wie eine Erzählung für Kinder aus den Fünfziger- oder Sechzigerjahren, wurde erst 1991 herausgegeben und 1995 überarbeitet.
«Gehört nicht in Unterricht»
Im gleichen Jahr, als auch die Anti-Rassismus-Strafnorm eingeführt wurde. Trotzdem ist das Lehrmittel in Wil bis heute im Gebrauch. «Lehrmittel, die rassistische Stereotype reproduzieren, gehören selbstverständlich nicht in den Unterricht», sagt Alma Wiecken, Geschäftsführerin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus.
Das Heft habe «ein gewisses Alter erreicht», gibt die Schulleitung zu. «Es ist möglich, dass ältere und heute nicht mehr passende Ausdrücke verwendet werden.» An der Schule lebe man das gegenseitige Sorgetragen, heisst es weiter. «Im Schulalltag werden weder Verunglimpfungen noch Diskriminierungen toleriert.» Es sei geplant, im neuen Schuljahr alle Lehrmittel zu prüfen.
Eine Überprüfung der Lehrmittel scheint überfällig: Im Duden wird der Begriff «Neger» bereits seit 1999 als abwertend eingestuft. Zudem steht er im Glossar belasteter Wörter der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus. (noo)