Alphornbläser misst nur 1,35 Meter
An Weihnachten ist Dominic Bont Grossverdiener

Für ihn ist der Advent eine 
einzige grosse Bescherung. Dann verdient der Strassenmusiker doppelt so viel wie sonst – er nennt es seinen «Behindertenbonus».
Publiziert: 08.12.2019 um 20:41 Uhr
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Aktualisiert: 08.12.2019 um 20:42 Uhr
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Dominic Bont spielt seit 20 Jahren als Strassenmusiker. Mit der Klarinette ...
Foto: Andrea Brunner
Rachel Hämmerli

Sein Alphorn ist fast dreimal so lang wie Dominic Bont. Braucht es Mut, sich mit 1,35-Meter Körpergrösse den Blicken Fremder auszusetzen? «Das tönt jetzt vielleicht salopp», sagt der Strassenmusiker, «aber das schnell verdiente Geld macht mich genug mutig.»

Während der Weihnachtszeit verdiene er bis zu 100 Franken in der Stunde, zwei Mal mehr als sonst. Im Advent seien die Menschen deutlich grosszügiger. An Heiligabend spielt er dann auf seiner Klarinette «Stille Nacht, heilige Nacht» – «in Dauerschleife», sagt Bont. «Letztes Jahr habe ich dafür 730 Franken, einen Panettone und ein paar Mandarinen bekommen».

Dank «Behindertenbonus»

Zwei Tage in der Woche steht er in diesen besinnlichen Tagen jeweils drei Stunden in der Kälte und spielt. Hauptberuflich arbeitet er als Schreiner in einer geschützten Werkstatt in Feldmeilen ZH.

Es begann mit der obligaten Blockflöte. Als er fünfzehn wurde, schenkte ihm sein Vater die Klarinette, nach weiteren 15 Jahren musizierte er erstmals auf der Strasse – mit ihr und einem Alphorn. Sein «Behindertenbonus», wie das der 49-Jährige nennt, trage ihm deutlich mehr ein als seinen Musikerkollegen. Die Bedenken von einst sind verflogen: «Ich habe mich daran gewöhnt, dass Menschen Mitleid mit mir haben. Warum soll ich davon nicht profitieren?»

«Ich würde auch etwas geben, wenn er kreuzfalsch spielt.»

Selbstbewusst spielt er seine Klarinette auch auf dem Weihnachtsmarkt des Zürcher Sechseläutenplatzes – laut Selbsteinschätzung «eher mittelmässig». Eine Passantin wirft einen Franken in seinen Mini-Milchkessel. Ihr sei aufgefallen, dass der Musiker kleinwüchsig ist, da habe sie sich gedacht: «Vielleicht hat er keine Arbeit und braucht das Geld», sagt die 28-jährige Krankenschwester. Ein Fussgänger angelt britische Pfund aus dem Hosensack. Der Klarinettist sei «härzig». «Ich würde auch etwas geben, wenn er kreuzfalsch spielt.»

Bont kommt gut an. «Meistens bekomme ich positive Reaktionen.» Nur manchmal höre er Menschen sagen: «Der gehört doch in den Zirkus» oder: «Ist das ein Liliputaner?»

Er antworte dann: «Wenn Sie mich einen Clown oder Liliputaner nennen, beschimpfen Sie mich.» Besonders Kinder fragten ihn oft, warum er so gross sei wie sie. «Ich bin eben klein geblieben», meint Bont. Mit Ausnahme seiner Finger – die haben Standardgrösse.

Einmal habe er einen Musiker gesehen, der die Klarinette anders in der Hand hielt als er selbst es gewohnt ist. Er fragte ihn: «Ist diese Handstellung ein besonderer Trick?»

«Nein», antwortete der Kollege. «Ich habe zu kurze Finger.»

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