Darum gehts
- 21-Jährige erlitt seltenen Schlaganfall im Rückenmark während Wanderung auf Rigi
- Katja Maier lernte trotz Querschnittlähmung wieder laufen und Auto fahren
- Sie feiert jeden Erfolgsschritt und nimmt ihr neues Leben positiv an
Es war der Pfingstsamstag im Jahr 2023, der für Katja Maier (24) aus Lupfig AG alles verändern sollte. Sie war auf einer Wanderung auf der Rigi. Zwei, drei Tage zuvor hatte die damals 21-Jährige leichte Rückenschmerzen gehabt, sich jedoch nichts gross dabei gedacht.
Plötzlich spürte sie, wie ihre Arme kribbelten. Dann ging alles ganz schnell. Ihre Arme wurden taub, so dass sie nicht einmal mehr ihr Handy aus dem Rucksack nehmen konnte, um Hilfe zu rufen. Dann wurden auch ihre Beine gelähmt.
«Nach Hilfe gerufen»
Hilflos lag die junge Frau eine ganze Stunde auf dem Boden – denn trotz perfektem Maiwetter war auf der Rigi ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt niemand unterwegs. «In der ersten halben Stunde habe ich noch nach Hilfe gerufen. Doch dann konnte ich nicht mehr, weil die Lähmung auch meine Lungen traf», schildert Katja Maier die Situation im Gespräch mit Blick.
Irgendwann kam endlich jemand vorbei, trug sie zum Parkplatz, wo sie vom Krankenwagen abgeholt wurde. Im Spital folgte die Schockdiagnose: Schlaganfall im Rückenmark. Man sagte ihr, dass sie nun Tetraplegikerin sei – Arme und Beine gelähmt. Ihre Eltern waren bei ihr, als der Arzt erklärte, dass sie nie mehr würde laufen können. Der Schock sass bei allen tief. Doch Katja Maier gab nicht auf.
Extrem seltene Form von Schlaganfall
Und ihren Humor liess sie sich schon gar nicht nehmen: «Zu meinen Eltern sagte ich: ‹Dann werde ich eben Radiomoderatorin. Da brauche ich mich nicht zu bewegen, und sprechen kann ich ja.›» Diese positive Einstellung liess sie ihr neues Leben leichter annehmen. Im Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil LU lernte sie während einer siebenmonatigen Reha, mit ihrer neuen Situation umzugehen.
Ein Rückenmarksinfarkt ist extrem selten. «Nur vier Prozent der Schlaganfälle passieren im Rückenmark und nur unter ein Prozent der Betroffenen ist dabei unter 50 Jahren», erklärt die junge Frau, die zu jenem Zeitpunkt einen gesunden und sportlichen Lebensstil führte. Eine Durchblutungsstörung im dritten Halswirbel war der Auslöser für den Schlaganfall gewesen.
Sie gab nicht auf und lernte das Laufen wieder
Nach rund vier Monaten kommt das Gefühl in ihren Beinen unerwartet zurück. Neue Hoffnung! «Ich musste lernen, eine Verbindung zwischen meinem Gehirn und meinen Beinen herzustellen. Wieder lernen, wie ich mein Knie beuge oder einen Schritt vorwärtsmache», erzählt sie.
Mittlerweile funktionieren ihre Beine fast wieder normal, sie ist nicht mehr auf den Rollstuhl angewiesen. Ihre Hände sind jedoch nach wie vor gelähmt, sie kann sie nur ganz minimal bewegen. Bei feinen Bewegungen wie Socken anziehen, Knöpfe oder einen Reissverschluss verschliessen braucht sie Hilfe.
«Es gibt jedoch spezielle Vorrichtungen, die mich im Alltag unterstützen: Halterungen, mit denen ich zum Beispiel Kochutensilien an meiner Hand befestigen kann», erzählt Katja Maier. Auch ihrer Arbeit im Landjugendsekretariat des Schweizer Bauernverbands kann sie nach wie vor nachgehen: «Ich nutze Spracherkennungssoftware, da das 10-Finger-Tippen schwer geworden ist.»
«Wieder Autofahren zu können, war ein riesiger Meilenstein»
Sogar Auto fahren kann sie dank einer speziellen Halterung wieder. «Das war ein riesiger Meilenstein für mich. Ein grosses Stück Unabhängigkeit. Gerade hier auf dem Dorf, wo es mit dem ÖV schwierig ist», betont die Aargauerin.
In ihrem Optimismus liegt die besondere Stärke der jungen Frau: «Ich habe mir vorgenommen, mich nicht an mein vorheriges Leben zu klammern. Im Mai 2023 begann mein neues Leben. Und in diesem sage ich mir nicht, ‹Oh nein, jetzt kann ich den Reissverschluss nicht mehr zumachen›, sondern ‹Oh ja, jetzt kann ich wieder Auto fahren.›»
«Auf der Reha-Station war ich damals in einer Gruppe von zehn Leuten. Wir haben immer noch Kontakt und treffen uns einmal im Monat, um unsere Fortschritte zu feiern», erzählt sie. Das empfiehlt sie auch anderen Betroffenen, die mit einem solchen Schicksalsschlag zu kämpfen haben: «Schritt für Schritt kommt man auf seinem Weg voran. Deshalb sollte man auch die kleinen Schritte wertschätzen. Und den Kontakt mit Gleichgesinnten suchen».