Pierina Hassler

ZÜRICH – Noch ein paar Monate – und das schreckliche Verbrechen wäre verjährt gewesen. Aber Rolf L.* (46) plagt das schlechte Gewissen. So gesteht er den Mord am Posthalter von Knonau doch noch. 20 Jahre nach der Tat wird er verurteilt.

Blau kariertes Hemd, Jeans und Lederjacke. Die Arme verschränkt, den Kopf leicht gesenkt. So sitzt Rolf L. gestern auf der Anklagebank des Obergerichts in Zürich. Am 22. März 1985 hat er die Post in Knonau ZH überfallen und Posthalter Walter Schär mit einer Schrotflinte erschossen.

19 Jahre bleibt die Bluttat ungesühnt. 19 Jahre schwebt das ungelöste Verbrechen wie ein schwerer Schatten über dem Dorf.

Dann geht Rolf L. zur Polizei. Nur wenige Monate bevor die Tat verjährt gewesen wäre. Im Januar 2004 legt der Hilfsschreiner ein umfassendes Geständnis ab. Ein schlechtes Gewissen und religiöse Gründe hätten ihn dazu bewogen, zur Polizei zu gehen, sagt er den Richtern.

Späte Reue für die Töchter des Ermordeten. Sie sitzen Rolf L. im Gerichtssaal gegenüber. Einen ganzen Tag lang müssen sie den Mann anschauen, der ihre Familie zerstört hat. Er erwidert die Blicke nicht. Sein Kopf bleibt gesenkt. Ein gemurmeltes «Es tut mir leid» ist alles, was er zu seiner Verteidigung sagen kann oder will. Das bringt den Töchtern von Walter Schär den Vater auch nicht zurück. Jetzt wollen sie endlich einen Schlussstrich ziehen. Endlich wissen, wer ihren Vater brutal umgebracht hat.

Als äusserst kaltblütig wertet auch das Obergericht die tödlichen Schüsse von Rolf L. auf Posthalter Walter Schär. «Er hat aus nichtigem Anlass und ohne nachvollziehbare Motive einen Menschen skrupellos getötet», sagen die drei Richter. Ihr klares Urteil: «Schuldig des Mordes.» Der Staatsanwalt fordert 8 Jahre Zuchthaus. Die Verteidigung nur ein Jahr. Das Obergericht folgt dem Antrag des Staatsanwaltes: Rolf L. muss 8 Jahre ins Zuchthaus. Seine Strafe ist milder ausgefallen, weil er Reue zeigte und ein Geständnis abgelegt hat. Wenn auch sehr spät.

*Name der Redaktion bekannt