Ende März verfügte der für das Gesundheitswesen verantwortliche Bundesrat Alain Berset (45) Strukturanpassungen beim Ärztetarif Tarmed. Er will damit 700 Millionen Franken einsparen. Davon betroffen ist auch ein Projekt im Kanton Zürich, und darum sind die Zürcher Ärzte hässig auf Berset.
Der Präsident der Zürcher Ärztegesellschaft, Josef Widler (63), hat darum einen offenen Brief an Berset verfasst. Darin übt er scharfe Kritik an den Anpassungen am Ärztetarif. Innert weniger Stunden haben schon mehr als 600 Patienten und Ärzte das Schreiben mitunterzeichnet.
Zu BLICK sagt Widler: «Der Entscheid von Bundesrat Alain Berset ist ein Rückenschuss für die ambulante Notfallversorgung der Zukunft. Zusammen mit dem Zürcher Regierungsrat hat man mit viel Aufwand das neue Projekt entwickelt. Es ist jetzt akut gefährdet.»
Wie der Notfall organisiert werden soll, ist unklar
Hintergrund für seine Kritik ist, dass die Zukunft der Notfallversorgung unklar ist. «30 Prozent der frei praktizierenden Ärzte werden in den nächsten fünf Jahren pensioniert, die Menschen werden immer älter, und die Einwohnerzahlen steigen rapide», heisst es im offenen Brief von Widler.
Ein flächendeckender ambulanter ärztlicher Notfalldienst für die gesamte Bevölkerung im Kanton Zürich könne bereits heute nur deshalb sichergestellt werden, «weil mobile Notfallärzte (SOS-Ärzte), Notfallstationen, Permanencen und Walk-in-Praxen in die Bresche springen». Schon heute würden etwa die Hälfte aller Notfall-Hausbesuche durch die SOS-Ärzte abgedeckt. Darum hätten Gesundheitsdirektion und Ärztegesellschaft im Kanton Zürich gemeinsam eine Neuorganisation der ambulanten ärztlichen Notfallversorgung erarbeitet.
Dieser auch für viele andere Kantone wegweisende, flächendeckende und kantonal organisierte Notfalldienst sei durch den Entscheid Bersets schon wieder akut gefährdet: «Die Streichung der Notfall-Inkonvenienzpauschale für SOS-Ärzte, Notfallstationen, Permanencen und Walk-in-Praxen entzieht diesen Anbietern von ärztlichen Notfallleistungen im Kanton Zürich die finanzielle Grundlage», schreibt Wydler.
Es sei ungewiss, ob und wie sie ihren Betrieb ab 2018 noch aufrechterhalten könnten. Die einzige Alternative sei, dass die teuren Notfallstationen der Spitäler oder der Notruf 144 in die Bresche sprängen. Der Spareingriff des Bundesrats verschlechtere die Versorgung und erhöhe die Gesamtkosten. Widler bittet Berset, die Strukturanpassungen zurückzunehmen.