Ist er ein gefährdetes Tier oder eine Gefahr für die Bevölkerung? Am Wolf scheiden sich die Geister. Nicht selten wollen Bewohner der Berggebiete freie Hand respektive freies Gewehr, um einem unliebsam gewordenen Waldbewohner den Garaus machen zu dürfen. Städter wiederum wollen den Wallisern und Bündnern nicht einfach so die Lizenz zum Wolftöten geben.
Jetzt ist klar: Auch die Umweltkommission des Nationalrats (Urek) will den Kantonen die Regulierung der Wolfbestände überlassen. Sie hat die Änderung des Jagdgesetzes fertig beraten und mit 14 zu 8 Stimmen angenommen.
Wolf muss nicht «erheblich» gefährden
Bei einer früheren Sitzung hatte die Kommission dem Entscheid des Ständerats zugestimmt, dass Wölfe zur Bestandesregulierung abgeschossen werden dürfen, wenn sie erheblichen Schaden verursacht haben oder eine konkrete Gefährdung von Menschen darstellen.
Die Urek hat die Schwelle weiter gesenkt: Der Schaden muss nicht «erheblich» und die Gefährdung nicht «konkret» sein, damit ein Abschuss bewilligt werden kann. Dieser Entscheid fiel mit 14 zu 10 Stimmen, wie die Parlamentsdienste am Dienstag mitteilten. Zudem soll auch gegen «verhaltensauffällige» Tiere vorgegangen werden können, entschied die Kommission mit 12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung.
Luchs und Biber gehts nicht an den Kragen
Die vom Ständerat beschlossene Bestandesregulierung von Luchs und Biber lehnt die Kommission ab. Zudem will sie die finanziellen Beiträge des Bundes für die Prävention und für die Vergütung im Schadenfall beibehalten und sogar leicht erweitern. Der ausnahmsweise Abschuss von Steinböcken in Jagdbanngebieten fand in der Kommission keine Mehrheit.
Diese entschied schliesslich, dass Naturschutzorganisationen Entscheide der kantonalen Jagdbehörden nicht anfechten können. Auch dieser Entscheid fiel mit 12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung. Bei früheren Beratungen der Gesetzesrevision waren ähnlich knappe Entscheide gefallen.
WWF spricht von «schamlosem Abschussgesetz»
Präzisiert wird darin auch die Pflicht zur fachgerechten Nachsuche. Die Kantone sollen die Jagdprüfungen künftig gegenseitig anerkennen. Zudem sollen «Jagdbanngebiete» in «Wildschutzgebiete» umbenannt werden.
Die Vorlage kommt in der Sommersession in den Nationalrat. Sicher ist: Bereits jetzt regt sich Widerstand gegen die Lizenz zum Abschuss. Umweltorganisationen wie der WWF, Pro Natura Schweiz und Birdlife Schweiz drohen mit den Referendum. «Während in der Schweiz das Artensterben ungebremst voranschreitet, ist der Schutz unserer einheimischen Tiere umso dringlicher geworden», heisst es in einer Mitteilung. Die Kommission habe ein «schamloses, kurzsichtiges und inakzeptables Abschussgesetz» verabschiedet.
Océane Dayer vom WWF Schweiz sagt: «Diese ungenügend gerechtfertigten Abschüsse gefährden das Überleben bedrohter Arten!» Und Sara Wehrli von Pro Natura meint: «Dies führt zu kantonalem Wildwuchs im Umgang mit schweizweit geschützten Arten. Der Bund gewährleistet damit seinen verfassungsrechtlichen und internationalen Schutzauftrag nicht mehr.» (SDA/vfc)