Wirr-Warr um Post-Bschiss-Untersuchung
Bundesanwaltschaft könnte doch zum Zuge kommen

So schnell kann der Postauto-Bschiss nicht untersucht werden. Das Bundesamt für Verkehr (BAV), das den Subventionsbetrug aufgedeckt hat, sieht sich kaum in der Lage dazu. Die ordentlichen Strafverfolger wollen nicht zuständig sein. Nun sucht der Bundesrat nach einer Lösung in der Bundesverwaltung.
Publiziert: 22.02.2018 um 23:43 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:50 Uhr
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Wegen des Postoauto-Skandals: Die Postauto AG hatte seit mindestens 2007 widerrechtlich zu hohe Subventionen kassiert. Gewinne wurden vor dem Bund versteckt. Um über 200 Millionen Franken beläuft sich der grösste Subventionsbetrug der Schweizer Geschichte.
Foto: Siggi Bucher
Pascal Tischhauser

Der gelbe Riese hatte alles vorbereitet: Wenn die Strafverfolgungsbehörden bei Postauto für eine Hausdurchsuchung vorbeikommen, sollten sie freundlich empfangen und in einen Raum ohne Dokumente, Computer und Postauto-Mitarbeiter begleitet werden, sind Empfangsmitarbeiter per Memo informiert worden (BLICK berichtete).

Stattdessen staunte man bei der Post nicht schlecht, als am Mittwoch die Berner Generalstaatsanwaltschaft und die Bundesanwaltschaft (BA) die Öffentlichkeit mit der Meldung überraschten, das Bundesamt für Verkehr (BAV) müsse selbst untersuchen.

Strafrechtler hält das Gesetz für «unglücklich»

Die in der Strafanzeige des BAV geltend gemachten Delikte würden unter das Verwaltungsstrafrecht fallen, so die Begründung der BA. «Die Gesetzeskonstruktion im Verwaltungsstrafrecht ist sehr unglücklich», kritisiert Andreas Eicker, Strafrechtsprofessor an der Universität Luzern.

Es es sei bedenklich, dass eine Verwaltungsbehörde wie das BAV gleichzeitig Untersuchungskompetenzen und Beurteilungskompetenzen habe. «Das durchbricht einen wichtigen Grundsatz unseres Strafrechts, wonach diese Bereiche prinzipiell getrennt sein sollten.» Und er sieht, dass beim BAV nicht die richtigen Fachleute für eine Untersuchung sitzen.

So berichtete der BLICK gestern auf der Frontseite.
Foto: BLICK

BA kann sich dem «Verfolgungszwang» nicht entziehen

Ganz aus dem Schneider ist die BA aber nicht. Falls sich ein Anfangsverdacht für ein Delikt nach dem Strafgesetzbuch ergebe, «muss doch zwingend eine ordentliche Strafbehörde wie die Bundesanwaltschaft tätig werden. Es gilt Verfolgungszwang!», betont Eicker. Dann müsste neben dem BAV eben doch auch die BA untersuchen.

Und Hinweise, dass solche Strafrechtsdelikte vorliegen, sind da: Die postintern mit der Untersuchung betraute EY – vormals Ernst & Young – hat beispielsweise festgestellt, dass zum Verstecken der illegalen Gewinne «fiktive» Käufe von Pneus für die Postautos erfunden und verbucht wurden.

Für verschiedene Betrachter wird die BA früher oder später wohl so oder so tätig werden müssen. Dann wird es zwar Verfahren geben, die das Uvek laut Eicker aber wieder zusammenlegen könnte.

Der Bundesrat kann das Verfahren aber auch statt des BAV einer anderen Verwaltungseinheit zuweisen – rechtlich wohl aber kaum der BA.

«Pro Service public 2.0»

Der Postauto-Bschiss könnte aber weitere gesetzgeberische Aktivitäten nach sich ziehen: SP-Nationalrat Cédric Wermuth (32) sagt: «Nach dem Post-Skandal müssen wir ernsthaft eine neue Pro-Service-public-Initiative prüfen.» Vor allem wenn sich das Parlament einer Untersuchung des Skandals verweigere, werde «Pro Service public 2.0» ganz sicher Thema. Und SP-Fraktionschef Roger Nordmann (44) pflichtet ihm bei, der Service public müsse gestärkt werden. Eine Initiative müsse geprüft werden.

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