Darum gehts
- René Schuhmacher prüfte eine Volksinitiative für Sammelklage
- Sammelklagen ermöglichen einfachere Entschädigung bei Massenschäden wie Flugzeugabstürzen
- 2016 stimmten ein Drittel der Bevölkerung für Schuhmachers Service-public-Initiative
René Schuhmacher (72) hat ein neues Kampfthema gefunden. Der Verleger von «K-Tipp» und «Saldo» will erneut eine Volksinitiative lancieren, sollte der Ständerat sich nicht doch noch dem Thema der Sammelklage annehmen. «Wird der Ständerat nicht auf das Thema eintreten, muss sich das Volk dazu äussern können», kündigt er gegenüber Blick an.
Schuhmacher will damit einmal mehr tun, was er am liebsten macht: sich als Anwalt und Verleger für die Machtlosen einsetzen.
Im Zusammenhang mit dem Abgasskandal wurden Autobesitzer etwa in Deutschland, Österreich, Frankreich und Grossbritannien gestützt auf erfolgreiche Sammelklagen entschädigt. Schweizer hingegen meist leer aus, weil sie das Prozessrisiko einzeln schultern mussten.
Bei Flugzeugabsturz müsste jeder allein klagen
Schuhmacher schildert ein weiteres Beispiel: «Bei einem Flugzeugabsturz etwa müssten sich in der Schweiz alle Hinterbliebenen einzeln einen Anwalt suchen und gegen die Airline klagen, um eine Schadenersatzforderung geltend zu machen.» Das sei sehr viel teurer und aufwendiger als mit einer Sammelklage für alle Opfer.
In anderen Ländern kämen bei solchen Fällen Sammelklagen zum Einsatz – mit dem Ergebnis, dass Betroffene automatisch entschädigt würden, wenn die Gerichte zugunsten der Opfer entscheiden.
Bundesrat war für Klage
Es war 2021 der Bundesrat, der dem Parlament vorschlug, dass Verbände künftig mit Verbandsklagen Ersatzansprüche einklagen dürfen. Schon damals sagte der Bundesrat, das Instrument soll nur Organisationen zustehen, die nicht gewinnbringend sind.
Trotzdem lehnt die Rechtskommission des Nationalrats das Vorhaben 2024 ab, weil es die «Amerikanisierung des Rechtssystems» befürchtete. Auch die Mehrheit des Nationalrats sagte Nein. In Bundesbern ging das Schreckensgespenst von spezialisierten Kanzleien um, welche wie in Amerika Unternehmen wegen Banalitäten mit Schadensersatzklagen eindecken, um Millionenbeträge zu gewinnen.
«Das Parlament sollte das Volk vertreten und nicht die Grosskonzerne, die sich vor solchen Klagen fürchten», sagt Schuhmacher an die Adresse der Parlamentarier.
Es liegt in den Händen des Ständerats
Bei der Initiative will er grundsätzlich die Vorlage unterbreiten, die der Bundesrat bereits ausgearbeitet hat. «Sie ist moderat, und wer sachkundig ist, weiss: Wir brauchen bei Massenschäden ein solches einfaches Verfahren.» Der von der Politik geäusserte Vorwand, die Justiz werde durch das neue Instrument überlastet, könne er nicht nachvollziehen. Sammelklagen seien für die Justiz weniger aufwendig als eine Fülle von Einzelklagen. Das zeigen die Erfahrungen in andern Staaten Europas, die Sammelklagen erlauben.
«Wir planen die Initiative aber nur, wenn sonst niemand sich in der Sache engagiert», kündigt er an. Am Donnerstag wird nun die vorberatende Kommission des Ständerats das Thema beraten. Tritt der Ständerat nicht auf das Thema ein, will Schuhmacher mithilfe seiner Magazin-Leser die nötigen Unterschriften sammeln. Noch hofft er, dass es nicht dazu kommt.
Er lancierte schon mal eine Initiative
Für Schuhmacher ist politisches Engagement nichts Neues: 2010 war er am Referendum gegen die Senkung der Pensionskassenrenten beteiligt. 2016 brachte er die Service-public-Initiative vors Volk – das Parlament lehnte auch diese Vorlage ohne eine einzige Ja-Stimme ab. An der Urne waren nur 32 Prozent der Bevölkerung dafür. Unterstützung von grossen Parteien erhielt er damals nicht.
Und wie sieht es heute aus? Im Parlament kämpften die Grünen, die SP und die GLP für die Sammelklage. Schuhmacher sagt, er habe bisher den Kontakt zu keiner Partei gesucht.
SP-Nationalrat und Ex-Kassensturz-Moderator Ueli Schmezer (64) zeigt sich dankbar für das Engagement des Verlegers: «Die Debatte im Nationalrat war erbärmlich, es wurden mit falschen Argumenten gekämpft», sagt er. Die SP hat die mögliche Initiative noch nicht diskutiert. «Gottesdank gibt aber es eine solche Organisation, wenn die Volksvertreter nicht im Sinn der Bevölkerung handeln», sagt Schmezer weiter.