Darum gehts
- Fronten bei Eigenmietwert-Abschaffung verworren, bürgerliche Politiker stellen sich gegen Vorlage
- Mitte-Ständerat Beat Rieder warnt mit SP-Co-Präsident vor höheren Steuern
- Mitte entschied mit 212 Ja- zu 17-Nein-Stimmen für die Abschaffung
Die Fronten bei der Eigenmietwert-Abschaffung sind verworren. Nicht nur SP und Grüne stellen sich gegen die Vorlage, jetzt wagen sich immer mehr bürgerliche Politikerinnen und Politiker aus der Deckung.
In den vergangenen Tagen lag vermehrt ein Flugblatt in Schweizer Briefkästen. Auf einem grossen Bild warnen Mitte-Ständerat Beat Rieder (62) und SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (39) vor höheren Steuern.
Hohe Kosten für Gebirgskantone
Rieder stellt sich dabei gegen seine eigene Partei. Doch die Abschaffung des Eigenmietwerts verursache hohe finanzielle Verluste für die Gebirgskantone – Rieder kommt aus dem Kanton Wallis.
Und er ist nicht allein. Auch der Urner FDP-Regierungsrat Urs Janett (49) wehrt sich. Auch wenn er selbst profitieren würde – «ich stelle das Staatswohl über mein privates Wohl», sagt er im Interview mit CH Media. Das System bringe neue Unsicherheiten und Schlupflöcher. Carmelia Maissen (48), Mitte-Regierungsrätin im Kanton Graubünden und oberste Berglerin, kündigte schon im März gegenüber Blick Widerstand an. «Allein für den Kanton und die Gemeinden in Graubünden sind es 90 Millionen Franken pro Jahr», rechnet Maissen vor.
Auch die FDP hat die Ja-Parole herausgegeben. Doch es gibt Abweichler. Nationalrätin Simone de Montmollin (57) ist gegen die Abschaffung. «Gerade in der Romandie gibt es viele, die besonders betroffen wären und denen Geld fehlt, wenn diese Reform durchkommt», sagt sie gegenüber Blick. «Zudem können Renovationen und Sanierungen nicht mehr von den Steuern abgezogen werden. Viele Eigentümer können sich es dann nicht mehr leisten.»
«Eigenes Haus unbezahlbar»
Innerhalb der FDP habe es keine negativen Reaktionen gegeben, dass sie sich gegen die Parteimeinung stellt. «Ich bin grundsätzlich auch gegen den Eigenmietwert – aber nicht so. Diese Vorlage schadet den jungen Familien, für die ein eigenes Haus unbezahlbar wird.» Auch ihr Waadtländer Parteikollege und Ständerat Pascal Broulis (60) hat sich gegen die Vorlage gestellt.
Und auch aus der SVP gibt es kritische Stimmen zur Eigenmietwert-Abschaffung: Der Walliser SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor (61) zum Beispiel. Das Parlament habe ein «Monster» geschaffen. «Was uns mit der rechten Hand gegeben wird, wird uns mit der linken wieder weggenommen.»
Mitte, FDP und die SVP haben jeweils die Ja-Parole zur Abschaffung des Eigenmietwerts gefasst. Dieser sei eine «Strafsteuer», argumentieren sie. «Wer seine eigene Wohnung bewohnt, wird heute doppelt geschröpft.»