Wegen Corona läufts harziger
Jungfreisinnige möchten Staatshilfe fürs Unterschriftensammeln

Der Lockdown beeinträchtigt die Arbeit von Initiativ- und Referendumskomitees. Doch eine Fristverlängerung gibts dieses Mal nicht. Die Jungfreisinnigen möchten nun Hilfe vom Staat.
Publiziert: 18.01.2021 um 13:19 Uhr
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Aktualisiert: 18.01.2021 um 14:50 Uhr
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Der Jungfreisinnige Patrick Eugster (l.) und seine Kollegen beim Unterschriftensammeln. Das Foto entstand im September 2020. Inzwischen ist ihre Arbeit schwieriger geworden.
Foto: Zvg
Lea Hartmann und Gianna Blum

Ausgerechnet die Jungfreisinnigen rufen nach Staatshilfe. Während die FDP traditionell kritisch ist, wenn wieder mal die Allgemeinheit das Portemonnaie zücken soll, hat der Nachwuchs hier offenbar weniger Bedenken – wenn es ihm selbst zugute kommt.

Hintergrund der ungewöhnlichen Forderung ist das harzige Unterschriftensammeln in Corona-Zeiten. Wenn es keine Veranstaltungen gibt und nur wenige Pendler und Passantinnen unterwegs sind, sind das schlechte Voraussetzungen für jene, die Unterschriften für Volksinitiativen und Referenden zusammenbekommen wollen.

Keine Fristverlängerung wegen Corona

«In eine Unterschrift müssen wir zwei- bis dreimal mehr Arbeit reinstecken als in normalen Zeiten», sagt Patrick Eugster (30), Vizepräsident der Jungfreisinnigen des Kantons Zürich und Kampagnenleiter der Renten-Initiative, welche die Jungpartei lanciert hat. Die Initiative will das Rentenalter schrittweise erhöhen und an die Lebenserwartung koppeln.

Mit dem Lockdown wird es für Initiativ- und Referendumskomitees nun noch einmal aufwendiger, genügend Unterschriften zu sammeln. Im Gegensatz zum ersten Lockdown im vergangenen Frühling hat der Bund nun keinen Fristenstillstand beschlossen. Das heisst, dass auch während des Lockdowns die Zeit für die Unterschriftensammlung läuft. 18 Monate haben jene Zeit, die eine Volksinitiative an die Urne bringen wollen, um 100'000 Unterschriften zusammenzubekommen. Der Kanton Bern hatte mehrfach eine Verlängerung der Fristen wegen Corona gefordert – vergebens.

Die Verlängerung der Frist wäre nur gestützt auf Notrecht möglich, teilt die Bundeskanzlei auf Anfrage mit. Die Voraussetzungen dafür – besonders die einer schweren Störung der öffentlichen Ordnung – seien derzeit nicht erfüllt.

Erleichterte Bedingungen für Referenden

«Der Umgang der Bevölkerung und der Behörden mit der Pandemie hat sich geändert», so die Begründung der Bundeskanzlei. Zudem gingen die «gegenwärtigen und auch die allenfalls geplanten Massnahmen zu ihrer Eindämmung» heute «weniger weit als im Frühling». So tage das Parlament, und es fänden auch Abstimmungen statt. Der Abstimmungstermin im Mai hingegen war wegen der Corona-Pandemie abgeblasen worden.

Ausserdem hat das Parlament eine wichtige Erleichterung für die Unterschriftensammlungen beschlossen: Die Komitees müssen die Unterschriften nicht mehr selbst von den Gemeinden beglaubigen lassen, die Bundeskanzlei übernimmt diese Arbeit. Allerdings gilt diese Erleichterung nur für fakultative Referenden und nicht für Volksinitiativen.

Entschädigung wegen Mehrkosten

Eugster, Kampagnenleiter der Renten-Initiative, zeigt Verständnis dafür, dass der Bund die Frist dieses Mal nicht verlängert hat. «Aber ich würde mir schon wünschen, dass wir Unterstützung erhalten», sagt er. Wie die ebenfalls von den Schliessungen betroffenen Branchen finanzielle Hilfe von Bund und Kantonen erhalten, fordert er auch für Initiativ- und Referendumskomitees Staatshilfe. «Ich fände es gut, wenn auch wir finanziell entschädigt würden», so Eugster.

Weil das Unterschriftensammeln auf der Strasse viel schwieriger geworden ist, verschickt das Komitee um einiges mehr Unterschriftenbögen als sonst per Post. «Das ist viel teurer», sagt Eugster. Online Unterschriften zu sammeln sei zudem nach wie vor sehr schwierig, weil der Aufwand grösser ist.

Die anderen sollen was abgeben

Übrigens: Es waren just die Jungfreisinnigen, die nun die hohle Hand machen wollen, die kürzlich gefordert hatten, dass Parlamentarier und Bundesräte wegen der Corona-Krise einen Teil ihres Politiker-Lohns abgeben sollen. Aber eben: Davon betroffen wären ja bloss die anderen betroffen.

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