Die britische Regierung stellt die EU-Frage. Was hat das mit der Schweiz zu tun?
England und die Schweiz verbindet nicht nur, dass die EU-Skepsis europaweit am höchsten ist. Beide Länder haben ungelöste Probleme, wenn es um die Beziehungen mit der EU geht.
Worum gehts im Vereinigten Königreich eigentlich?
Die britische Bevölkerung war schon immer sehr europaskeptisch. Im Zuge der Eurokrise haben sich diese Tendenzen noch verschärft. Irgendwann wurde der Ruf nach einem Austritt aus der EU unüberhörbar. Da hat Premier David Cameron entschieden, das britische Volk über einen Austritt abstimmen zu lassen.
Weshalb musste Grossbritannien dann noch mit der EU verhandeln, wenn es doch raus will?
Die politische Elite im Vereinigten Königreich will ja gar nicht aus der EU austreten. Zudem will Cameron dem britischen Volk zeigen, dass er sich für eine Reform der EU eingesetzt hat. Vielleicht überzeugt der nun mögliche «Deal» mit der EU einige Stimmberechtigte, doch für den Verbleib in der EU zu votieren. Auf jeden Fall aber kann man Cameron so nicht vorwerfen, nichts für die EU-Mitgliedschaft getan zu haben.
Hat Grossbritannien einen guten Deal ausgehandelt?
Die EU ist Grossbritannien sicher entgegengekommen. Aber gerade bei den wichtigsten Fragen, etwa der Frage der Sozialleistungen für ausländische Arbeitnehmer, sind die wichtigsten Punkte offengeblieben.
Wie geht es jetzt weiter?
Die restlichen EU-Länder haben jetzt Zeit, den Vorschlag der EU zu studieren. Am 18. Februar treffen sich die EU-Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat. Erst dann werden wir wissen, welche Zugeständnisse Grossbritannien wirklich erreicht hat. Dann muss das britische Volk entscheiden, ob es unter diesen Bedingungen in der EU verbleiben will.
Und, nach welchem Ausgang sieht es zurzeit aus?
Das Lager, welches in der EU verbleiben möchte, hat zuletzt deutlich an Kraft verloren. Das zeigen die Umfragen klar. Zudem ist das Austritts-Lager derzeit deutlich dynamischer. Aber wir gehen weiterhin davon aus, dass Grossbritannien schliesslich in der EU verbleiben wird.
Weshalb?
Ein Austritt ist mit grossen ökonomischen Unsicherheiten verbunden. Tendenziell stimmt das viele Leute dann doch noch um, wenn es ernst wird.
Viele EU-Gegner in der Schweiz haben sich immer wieder auf die EU-Kontroverse in Grossbritannien bezogen. Was bedeutet der Deal aus unserer Sicht?
Die Personenfreizügigkeit ist ein Grundpfeiler der EU. Die Schweiz will nach Annahme der Masseneinwanderungs-Initiative die Zuwanderung autonom steuern. Das widerspricht der Personenfreizügigkeit unmittelbar. Darum muss die Schweiz mit der EU eine Verhandlungslösung finden.
Welche Auswirkungen hat der britische Deal auf die Verhandlungen der Schweiz mit der EU?
Einerseits haben wir gesehen, dass die EU bereit ist, Kompromisse einzugehen. Aber die Zugeständnisse der EU gelten eben gerade nicht für die Personenfreizügigkeit. Eine Drosselung der Zuwanderung stand nicht zur Debatte. Insofern sind wir diesbezüglich nicht wirklich schlauer geworden.