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Vom Tierleid traumatisiert
Veganer sind häufiger depressiv

Vegan leben – warum tut man sich das an? Diese Frage stellt sich mancher Fleischesser. Eine neue Umfrage gibt Antworten.
Publiziert: 21.08.2019 um 14:20 Uhr
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Aktualisiert: 22.08.2019 um 13:51 Uhr
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95 Prozent der Befragten geben das Tierleid als Grund für die vegane Ernährung an.
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Sie sind eine kleine Minderheit, geben aber oft mächtig zu reden: Rund drei Prozent der Schweizer Bevölkerung ernähren sich vegan. Das heisst, sie verzichten auf jegliche Produkte tierischen Ursprungs. Diese Ernährungsform ist im Trend – und sie polarisiert extrem.

Die Tierrechtsorganisation Tier im Fokus will nun Fakten schaffen. Wer sind die Menschen in der Schweiz, die sich vegan ernähren? Warum tun sie es? Und wie geht es ihnen damit? Diesen und weiteren Fragen ist die Organisation im Rahmen des Vegan-Barometers 2019 nachgegangen, einer Umfrage unter knapp 2500 Veganerinnen und Veganern in der Deutsch- und Westschweiz. Dabei handelt es sich laut Tier im Fokus um die umfassendste Studie über die vegane Bewegung in der Schweiz. 

Aus Mitleid den Tieren gegenüber

Die Umfrage zeigt: Veganer verzichten primär aus Mitleid mit Tieren auf Fleisch, Milch und Eier. 95 Prozent nennen diesen Grund. An zweiter Stelle folgt mit 77 Prozent die Umwelt, 56 Prozent geben gesundheitliche Gründe an.

So sagen denn auch gut zwei Drittel der Befragten, ihnen gehe es seit der Umstellung auf die vegane Ernährung gesundheitlich besser. Bei Veganern, die an einer chronischen Krankheit leiden, beträgt der Anteil 43 Prozent. Nur einer von zehn befragten Veganern ist zudem übergewichtig – in der Gesamtbevölkerung sind es etwa drei Mal mehr.

Fast doppelt so häufig depressiv

Weniger rosig stehts allerdings um das psychische Wohlbefinden. Neun Prozent der Befragten geben an, an Depressionen zu leiden. Das ist ein fast doppelt so hoher Wert wie in der Gesamtbevölkerung. 

Tatsächlich belegen zahlreiche Studien, dass ein Zusammenhang zwischen veganer oder vegetarischer Ernährung und Depression besteht. Allerdings heisst das nicht, dass vegan depressiv macht. Zudem ist unklar, wie sich der Zusammenhang erklären lässt.

Möglich ist, dass depressive Menschen eher auf eine vegane Ernährung wechseln, weil sie sich so eine Verbesserung des Gesundheitszustands erhoffen. Eine andere Erklärung liefert Tobias Sennhauser, Präsident des Vereins Tier im Fokus. «Wer vegan lebt, verfügt über ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden», sagt er. Das Tierleid würde manche Menschen traumatisieren. 

Käse fehlt Veganern am meisten

Interessant ist zudem, dass Veganer deutlich häufiger zum Joint greifen als Fleischesser. Während von der Gesamtbevölkerung in den vergangenen zwölf Monaten rund sieben Prozent Cannabis konsumiert haben, kiffen unter den Veganern mit 24 Prozent drei Mal so viele. Ein Grund hierfür dürfte sein, dass die vegane Lebensweise einen ähnlichen Personenkreis anspricht wie der Konsum von Cannabis. So sind 71 Prozent der befragten Veganer unter 40 Jahre alt.

Dass es schwierig ist, sich vegan zu ernähren, finden die Befragten nicht – im Gegenteil. Fast alle geben an, ihnen falle es sehr leicht, ganz besonders der Verzicht auf Fleisch. Aber die Veganer räumen auch ein, dass ihnen ab und zu etwas fehlt. Am meisten: Käse. (lha)

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