Regenbogenmuster statt kräftiges Orange: Das Logo der Jungen CVP des Kantons Zürich ist seit einigen Wochen ein Statement für mehr Toleranz gegenüber Homosexuellen. «Für die JCVP Kanton Zürich kennt die Liebe keine Grenzen», schreiben die Nachwuchspolitiker in einem Positionspapier, das sie vergangenen Monat verabschiedet haben.
Darin fordern sie eine «bedingungslose rechtliche wie auch gesellschaftliche
Gleichstellung» von Schwulen, Lesben, Bi-, Trans- und Intersexuellen (LGBTI) – konkret unter anderem die Ehe für alle, eine Legalisierung der Volladoption für Homosexuelle und die freie Geschlechterwahl. Ein Positionspapier mit ähnlichem Inhalt hat jüngst auch die Junge CVP Solothurn veröffentlicht.
Es sind ungewohnte Positionen einer Partei, die bisher für ihre fixe Vorstellung einer Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau bekannt war. «Es ist uns bewusst, dass wir damit in vielen Kreisen der CVP anecken», sagt Adrian Moser, Präsident der JCVP Zürich. Der konservative Flügel der Christdemokraten habe derzeit «klar mehr Gewicht». Dies wolle man ändern. Das Positionspapier solle zeigen, dass die CVP «nicht so verstaubt ist, wie das viele meinen».
Reaktion auf Initiative zur Abschaffung der Heiratsstrafe
Während die Junge CVP Zürich bekannt ist für ihre gesellschaftsliberalen Positionen, die so gar nicht ins klassische CVP-Schema passen, überrascht die deutliche Positionierung der JCVP Solothurn selbst parteiintern. Es handle sich dabei um eine Reaktion auf die Diskussionen rund um die in der CVP-Initiative gegen die Heiratsstrafe enthaltene Ehe-Definition, erklärt Co-Präsident Simon Grünig. «Mit dem Positionspapier wollten wir zeigen, dass wir die Initiative zwar unterstützt haben, aber trotzdem auch die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare unterstützen. Beide Diskriminierungen sind abzuschaffen», sagt er.
Forderungen, von denen nicht nur die Mutterpartei, sondern auch die nationale Jung-CVP erst erfuhr, nachdem sie bereits auf den sozialen Netzwerken kursierten. «Wir wussten im Vornherein nichts davon», sagt Tino Schneider, Präsident der nationalen JCVP. Auf gesamtschweizerischer Ebene sei ein ähnliches Positionspapier bisher kein Thema gewesen. «Das hätte wohl auch keine Chance.»
Dass sich zwei Sektionen der JCVP so deutlich gegen den Rest der Partei stellen, ist dennoch bemerkenswert. Schliesslich betrifft die eklatante Meinungsverschiedenheit das selbsternannte Kerndossier der CVP: die Familienpolitik. Während die Zürcher und Solothurner Jung-CVPler mehr Rechte für Schwule und Lesben fordern, hat die Mutterpatei im Parlament versucht, die Stiefkind-Adoption für Lesbe und Schwule zu verhindern. Inzwischen ist die Gesetzesänderung beschlossen, doch ein Referendumskomitee hat sich bereits formiert. Darunter: drei CVP-Nationalräte.
Für CVP-Präsident ein «Ausdruck der Vielfalt»
Für CVP-Präsident Gerhard Pfister stellt es kein Problem ab, dass in Sachen Homo-Gleichberechtigung die parteiinternen Positionen weit auseinander driften. Die unterschiedlichen Ansichten zwischen Jung und Alt seien ein «Ausdruck der Vielfalt an gesellschaftspolitischen Meinungen in der CVP», meint er.
Doch nicht nur innerhalb der Partei, auch zwischen Partei und Wählern ist man sich bei der CVP in Fragen der Homo-Gleichberechtigung uneins. Einer Umfrage des Marktforschungsinstituts GFS Zürich zufolge, die vergangenes Jahr durchgeführt wurde, sagen über zwei Drittel der CVP-Wähler Ja oder eher Ja zur Öffnung der Ehe. Heisse Debatten innerhalb des christdemokratischen Lagers sind damit vorprogrammiert.