Harmonie? Schon beim ersten kurzen Treffen lässt es die neue Regierung unter Präsidentin Doris Leuthard (CVP) krachen im Bundeshaus. Nicht weniger als vier der sieben Departemente erhalten neue Vorsteherinnen oder Vorsteher. Das gab es seit 1960 nicht mehr. Und: Die populäre SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga muss gegen ihren Willen das Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) übernehmen.
Dabei wurden noch letzte Woche im Anschluss an die Bundesratswahlen Signale ausgesendet, dass die Ressortverteilung einvernehmlich und kollegial erfolgen würde. Namentlich das scheinbar gute Einvernehmen zwischen FDP und SP schien darauf hinzudeuten.
Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.
• Als Erste konnte Micheline Calmy-Rey (SP) wählen, die Amtsälteste. Sie sprach sich für Stabilität aus, für Verteilung im Konsens. Sagte, sie bleibe im Aussenministerium.
• Als Zweite konnte Bundespräsidentin Doris Leuthard wählen. Und aus wars mit der Stabilität, denn die Aargauer AKW-Supporterin wollte ins Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) des abtretenden Moritz Leuenberger.
• Auch Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf (BDP), als Dritte am Zug, begehrte Neues: das Finanzdepartement (EFD), das Hans-Rudolf Merz (FDP) hinterlässt.
• SVP-Verteidigungsminister Ueli Maurer, als Vierter an der Reihe, wollte nicht wechseln.
• Auch Innenminister Didier Burkhalter (FDP), der Fünfte, wollte seinem Departement treu bleiben.
• Übrig blieben Justiz- sowie und Wirtschaftsdepartement. Weil Stunden früher gewählt, konnte Sommaruga vor Johann Schneider-Ammann wählen. Und nahm die Wirtschaft.
• Weil auch Unternehmer Johann Schneider-Ammann die Wirtschaft wollte, musste die Regierung entscheiden. Und stimmte nach eingehender Diskussion, wie es hiess, mit 5 gegen die 2 SP-Stimmen gegen Sommaruga. Die Mitte mit FDP, CVP und BDP hat sich damit die auf dem Papier wichtigsten Departemente gesichert.
Die Wechselorgie treibt SP und SVP zur Weissglut. «Das ist ein Putsch, provoziert von Leuthard», sagt SP-Fraktionschefin Ursula Wyss. «Sie hat ihre Machtgelüste über ihre Verantwortung als Präsidentin gestellt.» Sommaruga, von Leuthard im Zickenkrieg kaltgestellt? SVP-Nationalrat Felix Müri prophezeit: «Hochmut kommt vor dem Fall. Jetzt lassen wir die unheilige Allianz spielen, dass es kracht.» Die SVP zürnt: «Eine Neubesetzung von vier Departementen, ein Jahr vor Ende der Legislatur, ist eine Zwängerei.» «Die FDP hat uns aufs Gröbste angelogen», tobt SP-Chef Christian Levrat. Es sei abgemacht gewesen: Widmer-Schlumpf solle nicht wechseln. Wenn doch, dürfte Sommaruga vor Schneider-Ammann wählen, wie die Anciennität es vorgebe.
Versprechen seien gar keine möglich gewesen, kontert FDP-Präsident Fulvio Pelli: «Es war immer klar: Der Bundesrat verteilt die Departemente selbst.» Zudem seien es Leuthard und Widmer-Schlumpf gewesen, die mit Wechseln begannen.
Für viele Bürgerliche ist zentral, das Uvek erobert zu haben. «Ich bin überglücklich über die Rochade», sagt etwa Beinahe-Bundesrat Jean-François Rime (SVP).
Nicht überrascht zeigen sich Leute wie Dani Vischer (Grüne): «Ich warne schon lange davor, in die Falle der Mitte zu tappen. Jetzt ist sie zugeschnappt.» Denn die Mitte wolle die Macht. Und eine Rechtsregierung installieren, ist er überzeugt.