Es ist sein erster Tag im Stöckli. Und schon wird sein erster Vorstoss behandelt. Und doch muss der Aargauer FDP-Ständerat Thierry Burkart (44) schweigen.
Denn im Ständerat gilt das ungeschriebene Gesetz: Frischlinge halten sich in der ersten Session brav zurück und überlassen den Bisherigen die Debatte. Das gilt selbst für jene, die zuvor wie Burkart während Jahren im Nationalrat sassen.
Doch bei seinem eigenen Vorstoss dürfte es dem Neo-Ständerat mittlerweile schwer fallen, auf den Mund zu sitzen. Denn der Nationalrat hat seinen Vorschlag in der Herbstsession zu einem veritablen CO2-Gesetz light ausgebaut.
Als Burkart 2017 seinen Vorstoss einreichte, hatte er zum Ziel, die auf Erdgas, Flüssiggas und biogenen Treibstoffen geltenden Steuererleichterungen bis 2030 zu verlängern. Angesichts der Klimaproblematik ein unbestrittener Vorschlag, sind diese alternativen Treibstoffe doch umweltfreundlicher als Benzin und Diesel.
Umstrittenes Überbrückungsgesetz
Doch dann kam die Debatte um ein neues, totalrevidiertes CO2-Gesetz dazwischen. Die Revision scheiterte genau vor einem Jahr im Nationalrat und wurde vom Ständerat neu aufgegleist. Doch einige Massnahmen im geltenden Gesetz sind bis Ende 2020 befristet – diese drohen, ohne Alternative auszulaufen. So würde zum Beispiel das jährliche CO2-Reduktionsziel von 1,5 Prozent plötzlich wegfallen.
Da kam Burkarts Vorstoss als Rettungsanker gerade recht. Der Nationalrat baute ein Überbrückungsgesetz, mit welchem nun auch gewisse CO2-Reduktionsmassnahmen verlängert werden – vorerst bis Ende 2021. Dieselbe Frist gilt für Burkarts Steuererleichterungen auf umweltschonende Treibstoffe.
Verschärfte Reduktionsziele
Doch der zuständigen Ständeratskommission reicht das nicht. Sie will nicht nur die Steuererleichterung bis 2023 und die Reduktionsmassnahmen unbefristet verlängern, sondern auch gleich die CO2-Reduktionsziele verschärfen. So sollen der Treibhausgas-Ausstoss ab 2021 jährlich um 3 Prozent sinken statt nur um 1,5 Prozent.
Auch der CO2-Ausstoss für Neuwagen soll stärker sinken und die CO2-Abgabe auf Brennstoffe um 10 Franken pro Tonne CO2 steigen.
Heisse Debatte programmiert
In der Ständeratskommission fiel das Resultat knapp aus – und so ist heute Nachmittag in der kleinen Kammer eine heisse Debatte programmiert.
Klar, dass da auch Burkart am liebsten ein Wörtchen mitreden würde. Erst recht, da sein Vorstoss «teilweise zweckentfremdet wurde», wie er sagt.
Trotzdem macht er klar: «Ich werde mich an die Gepflogenheiten des Ständerats halten und auf ein Votum verzichten. Ich werde mich während der ganzen Session nicht zu Wort melden.»
SP-Stöckli drückt ein Auge zu
Dabei würde der neue SP-Ständeratspräsident Hans Stöckli (67, BE) durchaus ein Auge zudrücken, wie er heute auf Radio SRF erklärte. Grund dafür ist die hohe Zahl an Frischlingen: 22 der 46 Ständeräte sind neu in der kleinen Kammer. Darunter auch die fünf Grünen. «Das kann ja nicht sein, dass eine ganze Gruppe während der ganzen Session nichts sagen kann», findet Stöckli.
Er werde die ungeschriebene Regel daher beachten, aber auch so auslegen, dass der politische Betrieb nicht gestört werde, so der SP-Mann. Bei wichtigen Geschäften bedeute dies, «dass man auch mit Rücksicht auf diese spezielle Situation die Wortmeldungen nicht verteufelt».
Burkart zählt auf Botschafter
Für Burkart ist dies aber kein Grund, sein Schweigen zu brechen. «Man kann seine Meinung ja auch anders einbringen, so werde ich innerhalb der FDP-Gruppe meinen Standpunkt vertreten und über einen Botschafter ins Plenum bringen», so Burkart.
Im konkreten Fall wird dies der Bündner FDP-Ständerat Martin Schmid (50) sein, der gleich mehrere Minderheitsanträge vertritt und bei der CO2-Reduktion etwas auf die Bremse tritt.
«Ich werde die Vorlage entlang dieser Minderheitsanträge mittragen. Damit erreichen wir einen guten Übergangskompromiss», so Burkart. Denn: «Mitstimmen darf ich ja.»