Ungenügender Kündigungsschutz
Schweiz auf schwarze Liste gesetzt

Gewerkschaftler seien in der Schweiz nicht genügend vor Kündigung geschützt, kritisiert die internationale Arbeitsorganisation ILO. Und setzt die Schweiz deshalb auf eine schwarze Liste.
Publiziert: 16.05.2019 um 09:04 Uhr
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Aktualisiert: 16.05.2019 um 11:17 Uhr
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Die Schweiz wurde von der internationale Arbeitsorganisation ILO auf eine schwarze Liste gesetzt.
Foto: Keystone

Die Vorwürfe an die Adresse der Schweiz wiegen schwer: Die Schweiz halte ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht ein, kritisiert die internationale Arbeitsorganisation ILO. Namentlich verstosse die Schweiz gegen die ILO-Konvention.

Die ILO-Kommission setzte die Schweiz deshalb auf eine schwarze Liste. Sie umfasst vierzig Länder, die ILO-Konventionen verletzten. Zusammen mit Griechenland und Weissrussland ist die Schweiz das einzige europäische Land auf der Liste.

Das bringt die Schweiz in eine missliche Lage: Nicht nur ist die Schweiz Gründungsmitglied der ILO, dieses Jahr kandidiert sie zudem für die Präsidentschaft der Organisation. Geht es nach dem Bundesrat, soll SECO-Sonderbotschafter Jean-Jacques Elmiger den Vorsitz der Internationalen Arbeitskonferenz innehaben. Die Schweiz ist ausserdem Gaststaat: Die diesjährige Tagung findet in Genf statt, das 100-jährige Bestehen der Organisation wird gefeiert.

Gewerkschaftler zu wenig geschützt

Doch wieso landete die Schweiz auf der schwarzen Liste? Gewerkschaftler sind gemäss der ILO nicht genügend vor einer Kündigung geschützt. Zwar ist nach Schweizer Recht eine Kündigung missbräuchlich, wenn sie wegen einer rechtmässigen gewerkschaftlichen Tätigkeit erfolgt. Die maximale Entschädigung für missbräuchliche Kündigung liegt aber lediglich bei sechs Monatslöhnen.

Das ist der ILO zu wenig. Die Organisation hatte bereits 2004 moniert, die kleine Entschädigung wirke nicht genügend abschreckend auf die Arbeitgeber. Mit der geltenden Regelung könnten gewerkschaftlich engagierte Arbeitnehmende mundtot gemacht werden.

Peinlich für die Schweiz

Dass die Schweiz nun auf einer schwarzen Liste figuriert, sei peinlich für die Schweiz, sagt Luca Cirigliano vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB). Aus Sicht der Gewerkschaften sei es ein «Schuss vor den Bug». Es zeige, dass die Schweiz ihre Hausaufgaben nicht gemacht habe. Nun müsse etwas geschehen.

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) schreibt auf Anfrage, es habe die Auflistung der Schweiz zur Kenntnis genommen. Die schwarze Liste wird an der ILO-Konferenz behandelt, die am 10. Juni in Genf beginnt. Dort wird auch entschieden, ob die Schweiz sogar auf die «Shortlist» mit 25 fehlbaren Ländern kommt. Die Schweiz würde in diesem Fall gerügt und aufgefordert, etwas gegen den Missstand zu unternehmen.

(pro/SDA)

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