Umsetzung der Masseneinwanderungsinitative
Bundesrat hält an Schutzklausel fest

Der Bundesrat hält laut mehreren Quellen bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative trotz Brexit an der Variante einer einseitigen Schutzklausel fest. Die Chefs von FDP und SP kündigen aber Widerstand im Parlament an.
Publiziert: 27.02.2016 um 16:57 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 17:45 Uhr
SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga macht mit der Ankündigung einer einseitigen Schutzklausel Druck auf EU-Kommission-Chef Jean-Claude Juncker.
Foto: Reuters
Joël Widmer

Nächsten Freitag will der Bundesrat das Umsetzungs-Gesetz zur Masseneinwanderungsinitiative präsentieren. Darum beugte er sich schon letzten Mittwoch in einer Klausursitzung über das komplizierte Europa-Dossier. Laut mehreren Quellen ist nach der Sitzung klar: Die Regierung setzt neben den Gesprächen mit der EU um eine Anpassung der Personenfreizügigkeit weiter auf den Plan B einer einseitigen Schutzklausel durch die Schweiz. Damit würde die hohe Zuwanderung aus der EU begrenzt.

Dies ist wegen der Abstimmung in Grossbritannien um einen Austritt aus der EU laut Insidern heikel. Die EU muss im Vorfeld der Brexit-Abstimmung Sonderwünsche anderer Staaten bei der Personenfreizügigkeit heftig bekämpfen. Sonst gefährdet sie den Deal mit dem britischen Premier David Cameron. 

Auch im Inland gibt es aber Widerstand gegen die Schutzklausel. Die FDP will die Schutzklausel-Vorlage postwendend an SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga zurückweisen. «Wir überlegen uns den Antrag, dass die Nationalrats-Kommission die Vorlage ans Departement zurückweisen soll», sagt FDP-Präsident Philipp Müller. «Dies mit dem Auftrag, einen Inländervorrang auszuarbeiten.» Mit dem Inländervorrang müssten laut Müller Firmen in Branchen für Arbeitskräfte aus Berufsgruppen mit hoher Arbeitslosigkeit über die RAV abklären, ob ein Inländer für die Stelle zur Verfügung stehe. Bei Berufsgruppen mit wenig oder kaum vorhandener Arbeitslosigkeit solle der Bund pauschal feststellen, dass der Inländervorrang erfüllt ist.

Müller ist überzeugt, dass man so die SVP auch in einer Volksabstimmung schlagen könnte. «Falls es dann zum Referendumskampf käme, hätten wir die guten Argumente auf unserer Seite», so Müller. Kontingente nützten den Arbeitslosen nichts, da er erst nach dem Aufbrauchen der Kontingente zum Zug käme. «Beim Inländervorrang hingegen steht der Arbeitslose bei der Stellenvergabe in der ersten Reihe.» 

Dossier zurück an Sommaruga: SP-Chef Christian Levrat (l.) und FDP-Präsident Philipp Müller wollen die Vorlage zur Schutzklausel schon in der Nationalratskommission an das Justizdepartement zurückweisen.
Foto: Keystone

SP-Chef Christian Levrat unterstützt die FDP, zumindest bei der Rückweisung der Vorlage an den Bundesrat. «Die einseitige Schutzklausel ist ein Fehler; wir werden sie ablehnen», sagt er. «Besänftigen könnten uns nur vernünftige Flankierende Massnahmen, doch danach sieht es bisher nicht aus.» Von Müllers Inländervorrang hält Levrat aber nicht viel. «Das ist ein sehr bürokratisches System, das dem Arbeitnehmer wenig nützt.» Zudem verletze auch der Inländervorrang die Personenfreizügigkeit krass. Die SP setze weiter auf eine Verhandlungslösung mit der EU. Eigentlich müsste der Bundesrat die Botschaft laut Levrat auf den Herbst verschieben. Schade, sei die Regierung nicht selbst zu diesem Schluss gekommen.

Die Wirtschaft hingegen steht noch hinter der Idee einer Schutzklausel. «Es ist nicht gerechtfertigt, die unilaterale Schutzklausel schon zu beerdigen», sagt Roland Müller, Direktor des Arbeitgeberverbandes. «Das Parlament solle die Vorlage zur Masseneinwanderungsinitiative mit allen Varianten diskutieren.» 

Doch auch beim Arbeitgeberverband ist man nicht vollends überzeugt von der Schutzklausel. «Man kündet ja nicht an, dass diese Klausel Anfang 2017 bereits in Kraft gesetzt wird», so Müller. «Es geht also nicht um einen Machtpoker mit der EU.» Oder in anderen Worten: «Man müsse der EU nicht zeigen, wo der Bartli den Most holt, aber man sollte alle Varianten diskutieren.» Eine unilaterale Schutzklausel wäre aber laut Müller letztlich aber die bessere Lösung, als die direkte Einführung von Kontingenten.

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