Der Zeitpunkt ist pikant: Gerade einmal drei Tage vor der Abstimmung über die Unternehmenssteuerreform III hat die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) gestern Donnerstag einen Bericht veröffentlicht, der scharfe Kritik am Bundesrat übt. Die Quintessenz: Die Regierung schätzt die finanziellen Folgen von neuen oder geänderten Gesetzen erschreckend häufig falsch ein. Und lässt vielfach gar nicht erst eine Prognose erstellen – obwohl das vorgeschrieben ist.
Aus Sicht von FDP-Ständerat Andrea Caroni ist insbesondere Letzteres «stossend». Den Zeitpunkt der Veröffentlichung hingegen sieht er als unproblematisch an – obwohl er selbst zum Ja-Lager gehört, das in den letzten Wochen stark unter Druck kam. Caroni ist überzeugt: «Es spricht eben gerade für die Unabhängigkeit der EFK, dass sie nicht auf die Tagespolitik schaut.»
«Ehrlicher kann man nicht sein»
Bezüglich der Abschätzung der Folgekosten handle es sich bei der Unternehmenssteuerreform III zudem um ein «Musterbeispiel». «Der Bundesrat hat aufgezeigt, dass die Reform auf jeden Fall ein Ja verdient, man aber nicht alles auf den Franken genau berechnen kann. Ehrlicher kann man nicht sein», meint Caroni. Nach dem Debakel der Unternehmenssteuerreform II zeige das, dass der Bundesrat «kommunikativ gescheiter» geworden sei.
Auch Peter Hettich, Professor für öffentliches Wirtschaftsrecht an der Universität St. Gallen, streicht die Transparenz heraus, die der Bundesrat nun geschaffen habe. Dass der Bericht der Finanzkontrolle Auswirkungen auf die Abstimmung haben werde, glaubt er deshalb nicht.
Ist eine unabhängige Prüfstelle die Lösung?
Doch dass der Bundesrat aus seinen Fehlern lernt, reicht vielen Politikern nicht. Sie fordern beispielsweise die Schaffung einer unabhängigen Prüfstelle, die statt der Verwaltung selbst die Prognosen vornimmt.
Wirtschaftsrechts-Professor Hettich hält davon nur wenig. «Das bringt nichts», meint er. «Oft ist das Problem die Datenbasis.» Zudem gerate auch eine externe Beratungsfirma durch die Zusammenarbeit mit der Verwaltung automatisch in ein Abhängigkeitsverhältnis, argumentiert Hettich.
Aus Sicht von FDP-Ständerat Caroni gäbe es aber noch eine andere Lösung. Er stellt fest: «Es fehlt ein unabhängiger Wachhund.» Ein solcher müsse die Prüfungen aber nicht selbst durchführen, sondern lediglich als Kontrolleur agieren. Denn schon nur das Wissen um eine solche Kontrollinstanz würde Wirkung zeigen, ist Caroni überzeugt. So wie es meist ausreicht, wenn ein Wachhund bellt – bevor er zubeisst. (lha/sf)