«Viele der Leichen weisen Kopfschusswunden auf», sagte Deogratias Munishi, der Sekretär der Partei Chadema, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Sicherheitskräfte seien rücksichtslos gegen Zivilisten vorgegangen und hätten ohne Warnung mit scharfer Munition geschossen, so Munishi.
Seit Ausbruch der Proteste am Mittwoch gibt es Befürchtungen, dass Hunderte Menschen ums Leben gekommen sein könnten. Die Opposition spricht sogar von mindestens 1.000 toten Demonstranten, die in Massengräbern begraben würden. Die Angaben lassen sich nicht überprüfen.
Seit Tagen ist das Internet gesperrt und das Telefonnetz stark gestört. Auch das macht es schwierig, ein klares Bild über das Ausmass der Gewalt zu bekommen.
Präsidentin Samia Suluhu Hassan hatte die Abstimmung vom 29. Oktober offiziellen Ergebnissen zufolge mit 97,66 Prozent der Stimmen gewonnen. Schon am Wahltag waren gewaltsame Proteste gegen den Ausschluss der wichtigsten Oppositionskandidaten ausgebrochen.
Die Behörden der ehemaligen deutschen Kolonie (1885-1918) forderten die Bevölkerung am Dienstag erstmals auf, vermisste Familienmitglieder der Polizei zu melden. Die Polizei erklärte, sie werde bei der Identifizierung von Leichen und Überführungen für Beerdigungen helfen.
Nach Angaben von Parteisekretär Munishi werden Leichen in zahlreichen Städten des Landes von Strassenrändern, aus Spitälern sowie Leichenhallen eingesammelt und in Massengräbern begraben. Die Partei fordert eine Untersuchung der Vorfälle seit dem Wahltag durch eine unabhängige UN-Kommission.
«Die tatsächliche Zahl derer, die während der Proteste getötet, verletzt und verhaftet wurden, muss offiziell ermittelt werden», sagte Munishi. Chademas Vorsitzender Tundu Lissu wurde bereits im April verhaftet und wegen Landesverrats angeklagt, nachdem er auf einer politischen Kundgebung Wahlreformen gefordert hatte.
Das bei Touristen für den Serengeti-Nationalpark, die Urlaubsinsel Sansibar und den höchsten Berg Afrikas, Mount Kilimanjaro, beliebte Tansania, gilt eigentlich als eines der stabileren Länder in der Region Ostafrika. Hassan hatte nach ihrem Amtsantritt 2021 eine Öffnung gelobt, ihr Versprechen aber nicht eingelöst. Ihre Partei CCM regiert das Land mit seinen etwa 70 Millionen Einwohnern seit seiner Unabhängigkeit vor mehr als 60 Jahren.