SVP kippt Franchisen-Erhöhung in der Schlussabstimmung
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«Verlogene Politik»?SVP kippt Franchisen-Erhöhung in der Schlussabstimmung

SVP und Linke versenken Vorlage
50 Franken Franchisen-Erhöhung ist vom Tisch

(Bern) Die Krankenkassen-Franchisen werden nicht erhöht. Der Nationalrat hat die Vorlage in der Schlussabstimmung vom Freitag abgelehnt. Grund für das Scheitern war ein Sinneswandel der SVP. Die CVP enthielt sich mehrheitlich der Stimme.
Publiziert: 22.03.2019 um 11:01 Uhr
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Aktualisiert: 22.03.2019 um 12:46 Uhr
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SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (rechts) macht der Linken seine Aufwartung. Jetzt stellt sich auch die SVP gegen die Franchisenerhöhung.
Foto: Keystone

BLICK hatte es am Mittwoch angekündigt: Die SVP werde in der Schlussabstimmung die umstrittene Erhöhung der Franchisen der Krankenkassen ablehnen.

Und so kam es heute morgen: Die SVP hat gemeinsam mit der SP die Vorlage versenkt. Patienten müssen also doch nicht 50 Franken mehr aus der eigenen Tasche bezahlen.

Die Abstimmung fiel mit 101 zu 63 Stimmen bei 28 Enthaltungen aus. Die Gesetzesänderung, die das Parlament selber mit einer Motion verlangt hatte, ist damit vom Tisch. Die ordentliche Franchise beträgt weiterhin 300 Franken, die höchste 2500 Franken.

Bürgerliche wollten Krankenkassen entlasten

Geplant war, die Franchisen auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung um vorerst 50 Franken zu erhöhen. Die bürgerlichen Parteien versprachen sich davon eine Entlastung der Krankenkassen und damit der Prämien.

SP, Grüne, Patientenschutz-, Konsumenten- und Rentnerorganisationen hatten bereits das Referendum beschlossen. Sie waren nicht einverstanden damit, dass Kranke für die Arztrechnung tiefer in die Tasche greifen müssen. Auch in der Schlussabstimmung sprachen sie sich dagegen aus.

Die SVP gesellte sich erst im Lauf dieser Woche zu den Gegnern. Laut Fraktionschef Thomas Aeschi (ZG) ist das eigentliche Problem das Konzept der obligatorischen Grundversicherung. Er sprach von einem «halbsozialistischen Planungsmonstrum". Das Krankenversicherungsgesetz sei «vollkommen gescheitert".

Auch CVP bekam kalte Füsse

Dafür machte Aeschi die SP, aber auch die anderen bürgerlichen Parteien verantwortlich. Diese könnten nun nicht von der SVP erwarten, dieses «marode System mit ein paar Pflästerli zu heilen». Es brauche ein Gesamtpaket, zu dem Krankenkassen, Pharma, Ärzte, Spitäler und Kantone einen Beitrag leisten müssten.

Auch die CVP machte einen Rückzieher und enthielt sich mehrheitlich der Stimme. Es fehle die Opfersymmetrie, sagte Leo Müller (LU). Nicht nur die Patientinnen und Patienten müssten ihren Beitrag zur Kostendämpfung leisten, sondern alle Akteure im Gesundheitswesen. Die Erhöhung der Franchisen müsse in ein Massnahmenpaket eingebettet werden.

FDP, Grünliberale und BDP blieben bei ihrem Entscheid. Die Erhöhung sei moderat, sagte FDP-Fraktionschef Beat Walti (ZH). Er sprach von einem parlamentarischen Trauerspiel. Die bürgerlichen Parteien seien in der Pflicht, der Bevölkerung den Sinn der Massnahme zu erklären. Viele fürchteten nun offenbar ein Referendum und wollten die direktdemokratische Auseinandersetzung vermeiden.

SP-Referendum wird obsolet

Lorenz Hess (BDP/BE) rief die bürgerlichen Parteien dazu auf, auf Linie zu bleiben. Die Leistungsbezüger dürften nicht ausgeklammert werden. Die Angst im Wahljahr sei ein schlechter Ratgeber, sagte er.

Die Linke hatte immer wieder den Verdacht geäussert, die Ablehnung der Franchisenerhöhung in der Schlussabstimmung sei wahltaktisch motiviert. SP-Fraktionschef Roger Nordmann (VD) warnte bereits davor, dass die SP auch nach den Wahlen mit dem Referendum dagegen vorgehen werde.

Die Ankündigungen der bürgerlichen Parteien lassen darauf schliessen, dass die Erhöhung der Franchisen in das Massnahmenpaket des Bundesrats zur Dämpfung der Gesundheitskosten eingebaut werden könnte. Dieses hatte die Regierung letzten Herbst in die Vernehmlassung geschickt. Geplant sind unter anderem ein Referenzpreissystem für Generika, eine nationale Tariforganisation oder verbindliche Massnahmen zur Steuerung der Kosten. (SDA/vfc)

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