Seit 40 Jahren gilt: Wer den Führerschein machen will, muss den obligatorischen Nothelferkurs absolviert haben. Ausgerechnet die Strassenverkehrsämter rütteln nun an dieser Regelung. Sie fordern die totale Abschaffung des Erste-Hilfe-Kurses. Man glaube nicht mehr an dessen Nutzen, berichtet SRF.
Natalie Rickli (40), Präsidentin der Verkehrskommission des Nationalrats, reagiert postwendend via Twitter: «Ich glaube, die Vertreter der Strassenverkehrsämter brauchen Erste Hilfe ...» Gegenüber BLICK erklärte die Winterthurerin ihre Reaktion.
Frau Rickli, Sie haben selber kürzlich den Nothelfer-Kurs für die Rettungstaucher-Ausbildung wiederholt. Wie viel haben Sie noch gewusst?
Natalie Rickli: Zugegebenermassen nicht mehr viel. Ich bin aber dankbar, habe ich das Wissen wieder aufgefrischt und Neues dazugelernt.
Was halten Sie von der Idee der Strassenverkehrsämter, den Nothelfer abzuschaffen?
Wenig. Unterlassene Nothilfe ist strafbar. Die Unfallsicherung und Erste-Hilfe-Leistung – im Bereich des Zumutbaren – können Schlimmeres verhindern. Wir setzen ein falsches Signal, wenn wir nur noch voraussetzen, die Rettungskräfte anzurufen. Denn bis diese eintreffen, geht viel Zeit verloren. Die ersten 15 Minuten sind entscheidend, sagt man. Jede Hilfe ist besser als keine. Zwar ist der Nothelferkurs in unserem Land an die Autoprüfung geknüpft, man darf aber nicht vergessen, dass man das Gelernte auch bei anderen Gelegenheiten anwenden kann.
Fordern Sie gar eine regelmässige Wiederholung des Nothelferkurses?
Nein, das liegt in der Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger. Im Eigeninteresse kann man selbst einen Auffrischungskurs besuchen. Wir brauchen nicht mehr Gesetze. Verbesserungen und Anpassungen des Nothelferkurses können diskutiert werden. Wichtig finde ich, dass die Grundlagen der Ersten Hilfe weiterhin praxisnah vermittelt werden.
Mussten Sie selbst einmal Erste Hilfe leisten?
Kürzlich ging es einer Frau in einem Restaurant in Zürich plötzlich sehr schlecht. Ich habe schnell reagiert, mit ihr gesprochen und versucht herauszufinden, was die besonderen Umstände waren, was sie gegessen und ob sie Allergien hat. Solche Informationen können für die Sanitäter wichtig sein. Glücklicherweise ging es ihr rasch besser. Ich hätte mir nicht vorstellen können, einfach dazusitzen und zu warten, bis die Sanitäter eintreffen.
Und selbst Erste Hilfe erhalten?
Als ich in Chile den Fuss gebrochen habe, war ich froh, dass die Personen um mich herum Kenntnisse der Erstversorgung besassen. Ich stand unter Schock. Sie haben mich beruhigt und den Fuss vorbildlich stabilisiert. Deshalb bin ich überzeugt: Dieses Wissen kann Menschen helfen.