Kurz zusammengefasst
- Schweiz hat über den Sommer die Grenzkontrollen verschärft
- Es gibt keine Hinweise, dass sich dies auf die Anzahl Asylgesuche ausgewirkt hat
- Deutschland verschärft die Grenzkontrollen massiv
Ein «unfreiwilliges Geständnis» nannte es die SVP: Über die Sommermonate hat Asylminister Beat Jans (60) die Kontrollen an den Schweizer Grenzen verstärkt. Dies aufgrund der erhöhten Terrorgefahr während der Fussball-EM in Deutschland und der Olympischen Spiele in Frankreich. Die Schweiz stehe dabei zwar weniger im Fokus, dennoch seien Veranstaltungen wie Public Viewings mögliche Anschlagsziele, so der Bundesrat.
Die Reaktion der SVP liess nicht lange auf sich warten: Systematische Grenzkontrollen würden also doch zu mehr Sicherheit führen! Und wenn sie sogar gegen Terrorismus wirkten, dann seien sie auch ein Mittel gegen die illegale Migration. Darum brauche es systematische Grenzkontrollen, wie es die Partei mit der Grenzschutz-Initiative verlangt.
Grenzkontrollen haben Asylanträge nicht gebremst
Seit Sonntag kontrollieren die Grenzwächter wieder weniger häufig. Nun gibt es erste Hinweise darauf, dass sich die SVP-Hoffnungen in Luft auflösen: «Wir haben keine Hinweise darauf, dass sich die zeitlich befristeten verstärkten Kontrollen an der Grenze auf die Anzahl Asylgesuche in der Schweiz ausgewirkt haben», schreibt eine Sprecherin des Staatssekretariats für Migration (SEM) gegenüber Blick.
Der Bundesrat hatte sich zuvor im Zusammenhang mit Migration immer wieder gegen verstärkte Grenzkontrollen ausgesprochen. Und das SEM hielt auch nach dem Entscheid des Bundesrates an diesem Urteil fest: Man halte die Kontrollen weiterhin für kein wirksames Instrument, um Migration einzudämmen.
Im Verlauf der Woche wird das SEM noch genauere Informationen zu den Auswirkungen der Verschärfung veröffentlichen. Allerdings dürften die Forderungen nach verstärkten Grenzkontrollen trotz dieser Einschätzung des SEM laut bleiben.
Deutschland verschärft Kontrollen
Deutschland hat nämlich eine massive Verschärfung der Grenzkontrollen angekündigt. Ab kommender Woche werden alle deutschen Landesgrenzen kontrolliert. Ziel ist laut Innenministerin Nancy Faeser (54), die irreguläre Migration zu begrenzen und vor islamistischem Terrorismus zu schützen – also genau das, was der Bundesrat nicht für möglich hält.
Faeser hatte schon Mitte Oktober 2023 Kontrollen angeordnet, diese fanden allerdings lediglich stationär an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz statt. Gemäss dem deutschen Innenministerium waren sie auch erfolgreich: Bei solchen Kontrollen seien rund 52'000 unerlaubte Einreisen nach Deutschland festgestellt worden und etwa 30'000 von ihnen wurden zurückgewiesen.
Die hiesigen Reaktionen auf den Entscheid in Deutschland liessen nicht lange auf sich warten. SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann (48) hat am Dienstag eine Frage an Jans eingereicht, wieso diese «effiziente Massnahme» in Deutschland angeordnet werden kann, in der Schweiz aber «angeblich nicht». Tatsächlich sind Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raums eigentlich nicht vorgesehen. Wenn sie ausnahmsweise trotzdem stattfinden sollen, muss dies der EU-Kommission gemeldet werden.
Auswirkungen auf die Schweiz
Die jüngste Entscheidung könnte auch Folgen für die Schweiz haben, sagte Sarah Progin-Theuerkauf (46) Professorin für Europa- und Migrationsrecht zu Radio SRF. Mehr Geflüchtete dürften an der Grenze aufgehalten werden und in die Schweiz zurückgeschickt werden. Diese Leute könnten sich dann entscheiden, in der Schweiz zu bleiben und hier einen Asylantrag zu stellen.
Der Druck auf den Bundesrat für mehr Grenzkontrollen dürfte also weiterhin nicht abnehmen. Vor allem, weil der Asylkurs an vielen Grenzen Europas härter wird: Auch Österreich hat die Grenzkontrollen verschärft, Italien nimmt seit 2022 keine Dublin-Flüchtlinge zurück.