SVP-Friedli lobbyiert – Bund möchte mehr Geld
Bleibt die Mehrwertsteuer-Extrawurst für Hotels?

Die Schweizer Hotelbranche profitiert seit Jahrzehnten von einem reduzierten Mehrwertsteuersatz. Nun steht eine Entscheidung über die Verlängerung dieses Privilegs, das die Übernachtungspreise niedrig hält, an.
Publiziert: 16:54 Uhr
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Aktualisiert: 16:58 Uhr
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SVP-Ständerätin Esther Friedli will weiterhin einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für Hotels.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Hotels haben seit 1996 tiefere Mehrwertsteuersätze, das könnte bald enden
  • Ständerätin Esther Friedli fordert die Verlängerung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für die Hotellerie
  • Dem Bund entgehen 270 Millionen Franken pro Jahr
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Nastasja HofmannRedaktorin Politik

Seit 1996 zahlen Hotels nur 3,8 Prozent Mehrwertsteuer statt 8,1 Prozent. Der Bund verzichtet damit jedes Jahr auf 270 Millionen Franken. Doch jetzt ist die Mehrwertsteuer-Extrawurst in Gefahr – einmal mehr. 

Zuletzt hat das Parlament im Sommer 2017 beschlossen, die Vergünstigung bis 2027 zu gewähren. Nun geht es um die siebte Verlängerung. Auf Aufforderung von SVP-Ständerätin und Gastronomin Esther Friedli (47) entscheidet am Mittwoch der Nationalrat während der Sondersession über den Mehrwertsteuer-Sondersatz. 

«Nur so sind wir konkurrenzfähig»

Esther Friedli und ihr Mann Toni Brunner (50), ehemaliger SVP-Präsident, betreiben gemeinsam einen Landgasthof im sankt-gallischen Toggenburg. Sie ist ebenfalls im Vorstand des Verbands Gastrosuisse. Der kommende Entscheid betrifft allerdings nur die Hotellerie, «die Gastronomie hat den normalen Mehrwertsteuersatz», wie die St. Gallerin Auskunft gibt.

Obwohl im Bundeshaus gerade der Sparhammer geschwungen wird und die Übernachtungen nach Corona auf einem Hoch sind, ist die Ständerätin optimistisch, dass die Motion angenommen wird. Der Ständerat stimmte dem Begehren bereits zu, und auch die zuständige Nationalratskommission empfiehlt mit 13 zu 10 Stimmen ein Ja. 

Die Hotelbranche beherberge mit 55 Prozent mehrheitlich ausländische Gäste. Somit habe das Gewerbe einen Exportcharakter. Der reduzierte Mehrwertsteuersatz sei ein Faktor, um konkurrenzfähig zu bleiben, erklärt Friedli. «Wegen des hohen Preisniveaus im Vergleich zum Ausland sind auch die Übernachtungspreise teurer.» Sie gibt zudem zu bedenken: «Alle EU-Staaten ausser Dänemark haben für die Hotellerie reduzierte Mehrwertsteuersätze.»

Auf Nachfrage bringt Friedli gar die Option ins Spiel, den reduzierten Steuersatz unbefristet einzuführen. «Die Befristung bringt immer wieder grosse Unsicherheiten.» Dieses Anliegen vertrat bereits 2015 eine parlamentarische Initiative. Das Parlament einigte sich dann 2017 auf einen Gegenvorschlag, indem es den Sondersatz um 10 Jahre – also bis 2027 – verlängerte.

Der Bundesrat ist dagegen

Der Bundesrat hingegen empfiehlt, die Motion abzulehnen. Seit der Einführung des Sondersatzes habe sich die Branche äusserst positiv entwickelt. Die Statistik zeigt, dass etwa die Übernachtungen im Januar um 3,5 Prozent zugenommen haben im Vergleich zum Vorjahr. Prognosen sagen zudem, dass sich die Hotelleriebranche bis 2026 weiterhin gut entwickeln wird. Und was nicht direkt gesagt wird: Die Bundeskasse könnte einen Zustupf vertragen.

Dem stellt Friedli aktuelle geopolitische Entwicklungen entgegen. «Wirtschaftspolitisch bewegen wir uns weltweit in sehr unsicheren Zeiten. Die US-Wirtschaft schrumpft. Wir wissen noch nicht, wie sich das auswirken wird.» Aber auch die Anzahl Gäste aus Europa könnte sich je nach Entwicklung des Eurokurses zum Franken rasch ändern. Prognosen zu wagen, wie das der Bundesrat tut, sei deshalb schwierig.

Unterstützung bei der Schlussabstimmung am Mittwoch im Nationalrat dürfte es auch von der Mitte geben. Denn Mitte-Fraktionspräsident Philipp Matthias Bregy (46) hat eine genau gleiche Motion eingereicht.

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