2010 feierte die SVP das Ja des Stimmvolks zur Ausschaffungs-Initiative. Erfolglos hingegen blieb deren Nachfolgeprojekt: Im Februar 2016 ging die Durchsetzungs-Initiative deutlich bachab. Damit war der Weg frei für das vom Parlament beschlossene, «pfefferscharfe» (wie der damalige FDP-Chef Philipp Müller sagte) Ausschaffungsgesetz für kriminelle Ausländer.
Noch am Abstimmungssonntag kündigte der damalige SVP-Präsident Toni Brunner an, künftig eine «Strichli-Liste» zu führen, um die Umsetzung der Ausschaffungs-Initiative zu überprüfen.
Noch keine Zahlen
Gesagt, getan. Seit 1. Oktober 2016 ist das neue Gesetz in Kraft. Und Brunner – mittlerweile Ex-SVP-Präsident, aber immer noch Nationalrat – hat die Strichli-Liste zur persönlichen Chefsache, ja zur Herzensangelegenheit erklärt.
In der Wintersession wurde er in der Fragestunde des Nationalrats bei SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga zum ersten Mal vorstellig und erkundigte sich, wie es denn nun um die «pfefferscharfe» Gesetzgebung stehe. Brunner wollte wissen, wie viele Wegweisungsverfügungen seit dem 1. Oktober 2016 schon ausgesprochen worden seien.
Die bundesrätliche Antwort: Alle rechtskräftigen Urteile mit einer strafrechtlichen Landesverweisung würden im Strafregister-Informationssystem Vostra registriert. Bis dahin war allerdings im Vostra «noch kein rechtskräftiges Urteil mit einer Landesverweisung verzeichnet».
Jetzt, in der Frühlingssession, holt Brunner die genau gleichen Fragen wieder hervor. Auch jetzt liegen noch «keine verlässlichen» Zahlen vor. Erste Zahlen würden im Juni publiziert, heisst es in der heute Nachmittag veröffentlichten Bundesratsantwort. Auch in künftigen Jahren werde die Statistik jeweils im Juni publiziert.
Brunner will jede Session nachfragen
Brunner reicht das nicht. Er will eine quartalsweise Publikation der Zahlen erzwingen. Er will in der Fragestunde deshalb regelmässig vorstellig werden. «Solange ich in Bundesbern politisch aktiv bin, werde ich dieselben Fragen in jeder Session wieder stellen – im Extremfall bis an mein Lebensende», sagt Brunner zu BLICK.
Die Frage nach den Ausschaffungszahlen wird damit zu Brunners persönlichem Strichli-Ritual.
Da die beiden Volksinitiativen in seine Präsidialära fielen, sieht sich Brunner in der Pflicht. «Die Auseinandersetzungen dazu haben mich viel Zeit und Kraft gekostet und waren mit vielen Konfrontationen und Anfeindungen verbunden», so Brunner. «Ich sehe es als meine Aufgabe an, meine Büez weiterzuführen und auf die Einhaltung der gegnerischen Versprechungen zu pochen.»
Wird er zum Strichli-Toni?
Mit dem neuen Gesetz werde es jährlich gut 4000 Ausschaffungen geben, hatten Brunners Kontrahenten im Abstimmungskampf nämlich ins Feld geführt. «An dieser Zahl werde ich sie messen», sagt Brunner jetzt. «Mit der quartalsweisen Strichli-Liste halten wir den Druck dafür aufrecht.»
Hat er keine Angst, dass er mit seinem neuen Ritual bei seinen Ratskollegen zum Strichli-Toni mutiert? Brunner winkt lachend ab: «Ich habe schon manchen Übernamen erhalten. Solange nicht Strich-Toni daraus wird, mache ich mir keine Sorgen.»