Die Schweiz ist stolz auf ihr Milizsystem im Bundeshaus. Die meisten National- und Ständeräte gehen einem Beruf nach und kümmern sich nebenbei um die Politik. Doch Parlamentarier klagen immer stärker über die gestiegene Arbeitslast. Aktuell erhält jeder Politiker 33'000 Franken für Personal- und Sachausgaben.
«Viel zu wenig!», sagte sich heute die Staatspolitische Kommission des Nationalrats und hat einen in dieser Hinsicht historischen Entscheid getroffen.
12 zu 12 Stimmen lautete das Ergebnis vorerst. Dank dem Stichentscheid von Kommissionspräsident Heinz Brand (SVP) sollen künftig alle 246 Räte einen persönlichen Mitarbeiter im Umfang von 80 Prozent anstellen dürfen. Die 33'000 Franken würden dafür wegfallen.
Steuerzahler muss Millionen-Kosten übernehmen
Finanziert würden die neuen Jobs durch den Steuerzahler. Bei einem geschätzten Gehalt von 75'000 Franken pro Mitarbeiter und der von Initiant Matthias Aebischer (SP/BE) verlangten zusätzlichen Spesenpauschale von 10'000 Franken ergäben sich Mehrkosten von rund 13 Millionen Franken pro Jahr.
Dass ausgerechnet SVP-Mann Brand den Stichentscheid fällen musste, entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Im Vorfeld der Bundesratswahlen machte BLICK publik, dass der Bündner Aebischers Initiative unterstützt.
Wer nicht Berufsparlamentarier sei, brauche jemanden, der ihn entlastet, begründete er seine Haltung. So könnten qualifizierte Mitarbeiter etwa Vorabklärungen treffen, unergiebige Vorstösse verhindern und «dank effizienter Zuarbeit den Erhalt des Milizparlaments sichern».
Brand gegen seine Partei
Mit dieser Position eckte er in seiner eigenen Partei an und schmälerte wohl auch seine Chancen, in den Bundesrat gewählt zu werden. Fraktionschef Adrian Amstutz sagte: «Weder die Fraktion noch ich selbst können diese Initiative unterstützen.» Schliesslich setze sich die SVP «konsequent für einen Abbau der aufgeblähten Zentralverwaltung und gegen mehr Bürokratie» ein.
Dass Brand nun mit der Macht des Stichentscheid dem Anliegen dennoch zum Durchbruch verhalf, zeugt jedenfalls von Standhaftigkeit. Dabei ist er nicht der einzige bürgerliche Supporter des Anliegens.
Die Nationalräte Fathi Derder (FDP), Rosmarie Quadranti (BDP), Marco Romano (CVP) und Isabelle Chevalley (GLP) haben die parlamentarische Initiative ebenfalls unterschrieben.
«Qualiät der parlamentarischen Arbeit sicherstellen»
Die Kommission erklärte ihren Entscheid damit, dass «die Qualität der parlamentarischen Arbeit sichergestellt werden» müsse. Dazu bräuchten die Politiker vermehrt «fachliche Unterstützung», so die Politiker.
Und weiter klagen sie: «Die Beantwortung der immer zahlreicher werdenden Anfragen von Medien sowie von Bürgern und Bürgerinnen ist im Alleingang kaum mehr zu bewältigen.»
Noch ist der Entscheid nicht in Stein gemeisselt. Auch die Ständeräte müssen dem Anliegen noch zustimmen.