Streit um Spitzenposten
EU fehlen klare Regeln für Wahl von Juncker-Nachfolge

In Brüssel tobt ein Streit darüber, wer die Nachfolge vom abtretenden EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker (64) übernimmt. Es fehlen klare Regeln, wie die neue EU-Spitze zu küren sei. Der Zank droht sich zu hinziehen.
Publiziert: 08.06.2019 um 15:56 Uhr
Der Luxemburger Jean-Claude Juncker (64) ist seit dem 1. November 2014 Präsident der Europäischen Kommission und damit höchster Europäer. Im Oktober scheidet er aus dem Amt.
Foto: AFP
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Im EU-Vertrag steht nur, dass die Staats- und Regierungschefs nach der Europawahl einen Kandidaten mit qualifizierter Mehrheit für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten vorschlagen und dabei das Ergebnis der Europawahl «berücksichtigen» sollen.

«Berücksichtigen» kann vieles bedeuten. Man kann auch jemanden berücksichtigen, indem man die Person ignoriert. Im Moment beanspruchen zwei offizielle Spitzenkandidaten das Führungsamt: der konservative deutsche CSU-Politiker Manfred Weber (46) und der niederländische Sozialdemokrat Frans Timmermans (58). Auch die Liberale Margrethe Vestager (51) aus Dänemark rechnet sich Chancen aus.

Alle drei sagen, die Wähler hätten ihnen ein demokratisches Mandat erteilt. Doch drei Kommissionspräsidenten sieht der EU-Vertrag nicht vor. EU-Rat und EU-Parlament sind im Clinch. Es besteht die Gefahr, dass nach dem öffentlichen Streit am Ende die Regierungschefs im Brüsseler Hinterzimmer einen Deal aushandeln.

«Mini-Gipfel» zur Not

Dabei verfolgen Merkel, Macron und alle anderen Regierungen dasselbe Ziel: ihren Kandidaten oder wenigstens jemanden aus dem eigenen Parteiumfeld an die Spitze zu bringen.

Die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten steht aussen vor. Mit einem «Mini-Gipfel» am späten Freitag versuchten die Regierungschefs von Belgien, den Niederlanden, Portugal, Spanien, Lettland und Kroatien in Brüssel den Streit um die neue EU-Führung beizulegen. Das Treffen endete ohne greifbares Ergebnis.

Die Ausgangslage ist kompliziert: Wer auf Juncker folgt, braucht nicht nur eine Mehrheit im EU-Parlament, wozu mindestens ein Dreierbündnis nötig wäre. Darüber hinaus müsste der Rat der EU-Staats- und Regierungschefs den Kandidaten mit der nötigen Mehrheit nominieren. Dort haben sich der französische Präsident Emmanuel Macron und andere bereits gegen Weber gestellt.

Holländer unterstützt Dänin

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte (52) sagte am Freitag überraschend, als Liberaler unterstütze er die Dänin Vestager. Mit Blick auf seinen Landsmann Timmermans fügte Rutte hinzu: «Er ist stark im Rennen und er hat sicher eine Chance.» Doch weder für Timmermans noch Vestager oder auch Weber ist bislang eine Mehrheit erkennbar - weder im EU-Parlament noch im EU-Rat.

Der Streit über die neue EU-Spitze wird sich hinziehen. Entscheidungen würden noch nicht getroffen, sagte Rutte am Rande des Mini-Gipfels. Doch man sei «schon einen Schritt weiter». (kes/SDA)

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