Streit um Heiratsstrafe-Initiative
Abtreibungsgegner greifen CVP heftig an

Die Pläne der CVP, die Heiratsstrafe-Initiative zu beerdigen, sorgt bei christlich-konservativen Unterstützern für rote Köpfe. Sie wollen den Entscheid vor Gericht anfechten – und damit die Definition der Ehe als Verbindung von Frau und Mann retten.
Publiziert: 07.01.2020 um 17:16 Uhr
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Aktualisiert: 08.01.2020 um 08:46 Uhr
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Im Februar 2016 kam die Heiratsstrafe-Initiative der CVP zur Abstimmung. Sie wurde knapp abgelehnt.
Foto: Keystone
Lea Hartmann

Totgesagte leben länger! Der Verein Human Life wehrt sich gegen den Rückzug der Initiative zur Abschaffung der Heiratsstrafe. Die Abtreibungsgegner hatten die CVP bei der Unterschriftensammlung für die Initiative unterstützt.

Human Life will, dass die vom Bundesgericht kassierte Volksinitiative unverändert noch einmal an die Urne kommt. Das oberste Gericht in Lausanne soll den Initianten aus CVP-Kreisen verbieten, das Volksbegehren zu kübeln.

Falsche Zahlen im Abstimmungskampf

Damit kommt die CVP-Initiative zur Abschaffung der Heiratsstrafe bereits ein zweites Mal vor Bundesgericht. Vergangenen Frühling hat das Lausanner Gericht die Abstimmung annulliert – eine Premiere in der Schweizer Geschichte. Das Gericht erachtete den Volksentscheid als ungültig, da die Stimmbevölkerung vom Bund mit falschen Zahlen versorgt worden war. Er hatte die Zahl der Betroffenen als viel zu tief angegeben.

Seither war unklar, wie es mit der Initiative weitergeht. Am Wochenende erst hat CVP-Präsident Gerhard Pfister (57) angekündigt, dass der Parteivorstand den Rückzug der Initiative empfiehlt. Das Volk soll nicht noch einmal über den genau gleichen Initiativtext abstimmen. Denn dieser baut auf der umstrittenen Definition der Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau auf. Diese Definition ist heute auch der überwiegenden Mehrheit der CVP-Mitglieder ein Dorn im Auge – und sie gefährdete die Annahme der Initiative.

«Wir kommen uns verschaukelt vor»

Doch genau damit ist der Verein Human Life nicht einverstanden. Er will an dieser Definition der Ehe festhalten und das Volk doch noch einmal über genau den gleichen Initiativtext abstimmen lassen.

Die Abtreibungsgegner haben ein Gutachten erstellen lassen, das zum Schluss kommt, ein Rückzug der Initiative sei widerrechtlich. Darum sagt Niklaus Herzog (68), Vizepräsident des Vereins Human Life: «Wir werden auf jeden Fall beim Bundesgericht Beschwerde gegen den Rückzug einreichen.» Man komme sich «verschaukelt» vor.

Mit Ehedefinition Stimmen gesammelt

Die Abtreibungsgegner waren Teil eines Bündnisses christlich-konservativer Organisationen, die die Unterschriftensammlung unterstützt haben. 15'000 Unterschriften hat das Bündnis laut Herzog beigesteuert. «Auch dank uns hat die CVP damals die nötigen Unterschriften zusammenbekommen.»

Bei Mitgliedern und Sympathisanten habe man just auch mit der Ehedefinition, die die Volksinitiative enthält, um Stimmen geworben. Der Verein kritisiert die CVP für die Anpassung deshalb scharf. Statt zu ihren traditionellen Werten zu stehen, «wedelt sie dem Zeitgeist hinterher, entledigt sich ihrer eigenen Initiative gleichsam wie weiland eines unehelichen Kindes». Damit setze sie ihre Glaubwürdigkeit mutwillig aufs Spiel. Die Neuauflage der Initiative ohne Ehedefinition dürfte Human Life nicht unterstützen.

Ein ewiges Thema

Die Abschaffung der Heiratsstrafe steht schon seit über 35 Jahren auf der parlamentarischen Agenda. Während sie in den Kantonen längst abgeschafft ist, konnte man sich auf Bundesebene bisher nicht auf ein neues Modell einigen. Einen Vorschlag des Bundesrats hat der Nationalrat erst gerade abgeschmettert.

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