Streit um Frühfranzösisch
Pro und Kontra zu Bersets Sprachbefehl

SP-Bundesrat Alain Berset will die Kantone zum Frühfranzösisch zwingen. Die Reaktionen fallen überwiegend negativ aus. Die BLICK-Politikredaktoren Joel Widmer und Christoph Lenz sehen das ebenfalls unterschiedlich.
Publiziert: 07.07.2016 um 10:49 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 17:00 Uhr
Pro: Chapeau, Monsieur Berset!

Von Joël Widmer, Co-Leitung Ressort Politik

Der Föderalismus in Ehren, aber der Kantönligeist in Schulfragen nervt. So zum Beispiel bei den Fremdsprachen. Fast alle Kantone halten sich an einen Kompromiss. Die Thurgauer hingegen meinen, ihre Kinder würden Schaden nehmen, wenn sie in der Primarschule ein wenig Französisch sprechen. Der Kanton setzt nur auf Früh-Englisch.

Wer früh mit verschiedenen Sprachen in Kontakt kommt, lernt generell besser mit Sprachen umzugehen. Die Schweiz hat nun einmal mehrere Landessprachen und Englisch gehört nicht dazu. Die Vielsprachigkeit gehört zur Identität der Schweiz, das gilt auch für die Schule. Absurderweise kommt die internationalistische Englisch-Manie von der national-konservativen SVP. Solche Kantönli-Kindereien rufen förmlich nach «un peu de centralisme». Es tut also gut, wenn der Bundesrat den Thurgauern mal einen Schuss vor den Bug setzt.

Ringier Portraits

Von Joël Widmer, Co-Leitung Ressort Politik

Der Föderalismus in Ehren, aber der Kantönligeist in Schulfragen nervt. So zum Beispiel bei den Fremdsprachen. Fast alle Kantone halten sich an einen Kompromiss. Die Thurgauer hingegen meinen, ihre Kinder würden Schaden nehmen, wenn sie in der Primarschule ein wenig Französisch sprechen. Der Kanton setzt nur auf Früh-Englisch.

Wer früh mit verschiedenen Sprachen in Kontakt kommt, lernt generell besser mit Sprachen umzugehen. Die Schweiz hat nun einmal mehrere Landessprachen und Englisch gehört nicht dazu. Die Vielsprachigkeit gehört zur Identität der Schweiz, das gilt auch für die Schule. Absurderweise kommt die internationalistische Englisch-Manie von der national-konservativen SVP. Solche Kantönli-Kindereien rufen förmlich nach «un peu de centralisme». Es tut also gut, wenn der Bundesrat den Thurgauern mal einen Schuss vor den Bug setzt.

Kontra: C’est un scandale!

Von Christoph Lenz, Bundeshausredaktor

Frühfranzösisch? Ich kenne das. Zwei Jahre sangen wir «Frère Jacques» und «Le Coq est mort». Tolle Bildung! Gewiss, wer die Schule verlässt, sollte eine zweite Landessprache kennen. Doch Bersets Frühfranz-Zwang ist ideologisch, unwissenschaftlich und undemokratisch.

Erstens: Der Bundesrat fürchtet um den nationalen Zusammenhalt. S’il vous plaît! Frühfranzösisch gibt es erst seit 20 Jahren. Drohte die Schweiz davor, auseinanderzufallen? Eben. Zweitens: Pädagogische Studien beweisen, dass Kinder im Primarschulalter eine zweite Fremdsprache kaum aufnehmen können. Was macht der Bundesrat? Il s’en fout! Drittens: Die Bildung ist Sache der Kantone. Nun will Berset sie an die Kandare nehmen. Zwecks Rettung der Vielsprachigkeit. Dabei opfert er ein anderes Merkmal der Schweiz. Das konstruktive Miteinander.

Ringier Portraits

Von Christoph Lenz, Bundeshausredaktor

Frühfranzösisch? Ich kenne das. Zwei Jahre sangen wir «Frère Jacques» und «Le Coq est mort». Tolle Bildung! Gewiss, wer die Schule verlässt, sollte eine zweite Landessprache kennen. Doch Bersets Frühfranz-Zwang ist ideologisch, unwissenschaftlich und undemokratisch.

Erstens: Der Bundesrat fürchtet um den nationalen Zusammenhalt. S’il vous plaît! Frühfranzösisch gibt es erst seit 20 Jahren. Drohte die Schweiz davor, auseinanderzufallen? Eben. Zweitens: Pädagogische Studien beweisen, dass Kinder im Primarschulalter eine zweite Fremdsprache kaum aufnehmen können. Was macht der Bundesrat? Il s’en fout! Drittens: Die Bildung ist Sache der Kantone. Nun will Berset sie an die Kandare nehmen. Zwecks Rettung der Vielsprachigkeit. Dabei opfert er ein anderes Merkmal der Schweiz. Das konstruktive Miteinander.

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