Kaum je spielten Schweizer Diplomaten eine gewichtigere Rolle als Anfang Januar. Nach der Tötung des iranischen Terrorgenerals Qassem Soleimani vermittelte die Schweizerische Botschaft in Teheran zwischen Iran und den USA. Eine offene Konfrontation der beiden Mächte wurde verhindert – und die Schweiz wurde zur Hüterin des Weltfriedens.
Doch nicht nur die politische Lage im Land der Mullahs ist angespannt, sondern auch die Stimmung unter den Angestellten der Schweizer Botschaft. Das zeigt ein interner Bericht des Aussendepartements (EDA), in den SonntagsBlick gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz Einsicht verlangt hat.
Demnach stellte der Bund 2019 fest, dass das Team der Schweizer Vertretung in Teheran zwar engagiert und kompetent arbeitet, sich aber mehr Wertschätzung und Gemeinschaftsgefühl wünscht.
In persönlichen Gesprächen mit den EDA-Inspektoren beschwerten sich sowohl die aus der Schweiz Entsandten als auch das lokale iranische Personal über die Arbeitsatmosphäre, die «stimmungsmässig eher wenig dynamisch» sei.
Ideale Voraussetzungen für Partys
Was es bräuchte, um die Situation zu verbessern, darüber sind sich die Botschaftsmitarbeiter beider Nationalitäten einig: mehr Partys! Laut EDA-Bericht wurde in den Gesprächen «oftmals nachdrücklich bedauert», dass keine gemeinsamen Geburtstagsapéros oder Happy Hours institutionalisiert sind – zumal mit Terrasse und Garten «ideale Voraussetzungen» dafür gegeben wären.
Mehr Cüpli und verbilligte Drinks wollen die Angestellten der Schweizer Vertretung also ausgerechnet in einem Land, in dem Alkohol verboten ist. Wer im Iran alkoholische Getränke zu sich nimmt, muss mit Geldbussen rechnen, sogar mit Peitschenhieben. Im Wiederholungsfall ist auch die Todesstrafe vorgesehen.
Das Gelände der Schweizer Botschaft ist von diesen Gesetzen allerdings ausgenommen. So zeigt das EDA denn auch Verständnis für das Anliegen des Personals. «Motivationsfördernde Massnahmen» dürften keinesfalls unterschätzt werden. Dies umso mehr in einem Gaststaat, «der derzeit nicht als Hort überschäumender Lebensfreude gilt».
Der Bund nimmt den Schweizer Missionschef im Iran persönlich in die Pflicht. Er sei gefordert, «positiv und mit Elan» auf den Teamgeist einzuwirken und ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln. Das Aussendepartement weist ihn ausdrücklich an, die Arbeitsatmosphäre durch «institutionalisierte Zusammenkünfte» zu verbessern.
Führungsstruktur soll klarer definiert werden
Obwohl die Inspektoren des Bundes der Schweizer Botschaft im Iran generell ein gutes Zeugnis ausstellen, orten sie auch in anderen Bereichen Handlungsbedarf. So kritisieren sie etwa das Management. Es mangele an einer gefestigten Führungsstruktur. Diese müsse klarer definiert und gestrafft werden.
Gerne hätte SonntagsBlick auch über jene Anweisungen berichtet, denen die höchste Priorität zukommt. Sie betreffen die Sicherheit. Allerdings hat das EDA sämtliche Passagen dazu geschwärzt.
Auf Nachfrage sagt Sprecher Pierre-Alain Eltschinger lediglich: «Es geht um sicherheitsrelevante Anpassungen, welche unter anderem aufgrund der politischen Entwicklungen seit 2018 nötig geworden sind.» Über Details könne man aufgrund von Sicherheitsbedenken keine Angaben machen.