BLICK: Herr Botta, im Bundesrat wird ein Sitz frei. Soll den ein Tessiner, eine Tessinerin einnehmen?
Mario Botta: Ich hoffe es. Unter einer Voraussetzung: Er muss gut sein. Es reicht nicht, wenn einer Tessiner oder italienischer Muttersprache ist. Die Schweiz braucht gute Führung. Ich hoffe daher, dass jemand gewählt wird, der gut für die ganze Schweiz ist, und das wäre jemand, der die italienische Kultur repräsentiert.
Hat die FDP Tessin Ihrer Meinung nach fähige Kandidaten?
Alle Tessiner Parteien haben fähige Persönlichkeiten aus dem Tessin. Das sollte keine ideologische Frage sein. Wir müssen jemanden finden, der die heutigen komplexen und sich schnell verändernden Themen versteht. Wenn ich auf einen Tessiner hoffe, dann, weil es ein Vorteil ist, so nahe an Italien zu sein. Beispielsweise im Zusammenhang mit der Migration im Mittelmeerraum, aber auch wegen der Probleme mit Europa. Denn die Schweiz ist heute – ob sie will oder nicht – ein Teil von Europa. Jemand aus einer Grenzregion versteht die Probleme besser und findet vielleicht auch bessere Lösungen.
Aber im Tessin ist der Wunsch nach Isolation grösser als etwa in Zürich.
Ja, wohl weil wir die Gefahren und Widersprüche deutlicher spüren. Aber darauf dürfen wir nicht aus dem Bauch heraus reagieren. Wir müssen den zukünftigen Generationen noch Ideale mit auf den Weg geben.
Die Romands wollen den Sitz nicht kampflos ans Tessin abgeben. Gibt es keine Solidarität innerhalb der lateinischen Schweiz?
Die einzige Solidarität, die es heute in der Schweiz gibt, ist, seine eigenen Privilegien zu verteidigen. Dabei geht es gar nicht um Ideologie. Die Westschweiz ist wahrscheinlich einfach darauf bedacht, die Privilegien, die sie heute hat, zu behalten.