SP-Wermuth liest Bauern-Chef Ritter die Leviten
«Kennt ihr keine Schamgrenze bei der Selbstbereicherung?»

Der Nationalrat macht den Bauern ein 400 Millionen Franken schweres Steuergeschenk. In einem offenen Brief redet SP-Nationalrat Cédric Wermuth Bauernchef Markus Ritter ins Gewissen. Für den SP-Fraktionsvize ist klar, dass die Linke eine allfälliges Referendum unterstützen muss.
Publiziert: 02.05.2016 um 10:15 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 17:06 Uhr
Ruedi Studer

In Bundesbern haben die Bauern gut lachen. Das Parlament geht besonders pfleglich mit ihnen um. Jüngstes Beispiel: Wer als Bauer Bauland verkauft, muss dieses weniger hoch versteuern als der Normalbürger. Ein 400 Millionen Franken schweres Steuer- und Abgabengeschenk, das der Nationalrat letzte Woche knapp absegnete. Einmal mehr hat sich die Bauernlobby – angeführt von Bauernverbands-Präsident und CVP-Nationalrat Markus Ritter – durchgesetzt.

Allerdings, die Bauern haben das Steuergeschenk noch nicht im Trockenen. Sollte der Ständerat die Vorlage ebenfalls abnicken, wollen die Grünliberalen das Referendum ergreifen, wie die Sonntagsmedien berichten. Bereits sucht die GLP nach Verbündeten – und bekommen aus FDP-Kreisen Unterstützung signalisiert.

Doch jetzt kommt auch von links Support. In einem offen Brief an Bauernchef Ritter, der BLICK vorliegt, kündigt SP-Nationalrat Cédric Wermuth (AG) seinem Ratskollegen bereits an: «Wenn die Vorlage unverändert aus dem Parlament kommt, kann ich dir garantieren, dass ich das Referendum mit voller Kraft unterstützten werde.» Als SP-Fraktionsvize will er sich dafür einsetzen, dass das auch die SP tut.

SP-Nationalrat Cédric Wermuth (AG) schreibt Bauernchef Markus Ritter: «Wenn die Vorlage unverändert aus dem Parlament kommt, kann ich dir garantieren, dass ich das Referendum mit voller Kraft unterstützten werde.»
Foto: EQ Images

«Bauer» Wermuth

Wermuth zeigt durchaus Sympathie für Landwirtschaft. Er selbst sei ja «buchstäblich zwischen zwei Bauernhöfen» in Boswil AG aufgewachsene und habe als Kind in den Ferien oft im Stall und auf dem Feld mitgeholfen. «Dass das Leben als Bauer oder Bäuerin hart sein kann, brauche ich dir nicht zu erklären», schreibt er Ritter. 

Und er zollt der Branche Anerkennung: «Die Bauern leisten einen wichtigen Beitrag zu unserer Gesellschaft und zum Erhalt unserer Kulturlandes für kommende Generationen.»

Steuerprivileg für wenige

Dann folgt aber das grosse Donnerwetter! Bereits jetzt leiste die öffentliche Hand einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des Bauernstandes. Dass nun nochmals 400 Millionen dazu kommen sollen, treibt Wermuth die Zornesröte ins Gesicht: «Du hast mit anderen ein Steuerprivileg für vielleicht einen Fünftel der Bauern durchgesetzt, dass uns 400 Millionen kosten wird. Das ist inakzeptabel. Kennt ihr eigentlich keine Schamgrenze bei der Selbstbereicherung?»

Mit ihrer Finanzpolitik habe die Rechte die Finanzen des Bundes an die Wand gefahren, moniert Wermuth. Bereits jetzt müsse mit harten Einschnitten gerechnet werden. Mit der Unternehmenssteuerreform III oder der Abschaffung der Stempelsteuer komme es zu weiteren milliardenhohen Steuerausfällen – und damit zu Abbaurunden.

«Auch bei euch», warnt Wermuth den Bauernchef. «Warum macht ihr das mit? Sagst du deinen Bauern ehrlich, dass euer Ja zur Unternehmenssteuerreform III sie vielleicht finanziell den Kopf kosten wird?»

Ritter habe sich mit den Falschen ins Bett gelegt. Jenen, welche eine starke öffentliche Hand schlechtreden würden.

Bauern «in der Sackgasse»

«Lieber Markus Ritter, du und dein Bauernverband, ihr habt die Bauern schlecht vertreten und in eine Sackgasse manövriert. Ihr werdet das Image der Profiteure nicht mehr los – leider zu Recht», schreibt Wermuth zum Schluss.

«Das Volk wird einem allfälligen Referendum für die Steuerprivilegien der Grossbauern nie und nimmer zustimmen. Die Leidtragenden werden einmal mehr die vielen kleinen und lokalen Betriebe sein», prognostiziert Wermuth.

Sein Fazit: «Die Bauern hätten wahrlich eine bessere Vertretung in Bern verdient.»

Bauernverbands-Präsident und CVP-Nationalrat Markus Ritter (SG).
Foto: Sabine Wunderlin und Peter Mosimann
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