Das deutliche Ja zum verstärkten Diskriminierungsschutz für Lesben, Schwule und Bisexuelle ist für die LGBTQ-Community nur ein Etappenziel. Sie wollen die Ehe für alle – sämtliche Rechte inklusive. Auch die Samenspende soll lesbischen Paaren ermöglicht werden.
Eine repräsentative Umfrage, die die Schwulenorganisation Pink Cross in Auftrag gegeben hat und die BLICK exklusiv vorliegt, zeigt: Sie können auf breite Unterstützung zählen. 81 Prozent der Befragten sind für die Ehe für alle.
Ein vertiefter Blick auf die Daten zeigt, dass sogar bei den Konservativen die Befürworter inzwischen klar in der Mehrheit sind. Zwei Drittel der SVP-Wählerbasis sprechen sich für die Ehe für alle aus. Bei der CVP ebenso. Die FDP-Wählerschaft ist zu 77 Prozent dafür. Bei SP, Grünen und GLP sind es ohnehin über 90 Prozent.
Grosser Support für Samenspende
Ja, sogar bei der Samenspende für Lesben – im Parlament umstritten – zeigen sich die SVP- und CVP-Wähler offen. Knapp die Hälfte der konservativen Basis ist dafür. Praktisch gleich hoch ist die Zustimmung bei der Frage, ob schwule oder lesbische Ehepaare Kinder adoptieren sollen dürfen.
Das sind sehr hohe Werte für die Parteien, deren Vertreter in Bern sich äusserst schwer tun mit der Öffnung der Ehe und der damit verbundenen Rechte. Die CVP ist zwar mehrheitlich für die Ehe für alle, Adoption und Samenspende sind bei den Christdemokraten aber umstritten. Die SVP wehrt sich bereits dagegen, dass gleichgeschlechtliche Paare heiraten dürfen.
Rösti liegt falsch
Die deutlichen Zahlen widersprechen SVP-Präsident Albert Rösti (52). «In unserer Partei haben wir eine Mehrheit, die gegen die Ehe für alle ist», sagte dieser gestern in der «Elefantenrunde» des Schweizer Fernsehens. Die Ehe sei eine Gemeinschaft zwischen Mann und Frau.
Auch im Parteiprogramm der grössten Partei des Landes steht explizit, dass die SVP «keine absolute Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit der Ehe» wolle. Ein Satz, der schon für hitzige Diskussionen gesorgt hat. Delegierte hatten vor einem Jahr gefordert, ihn zu streichen und dafür – damals noch – überraschend grossen Support bekommen.
Gay SVP ist aktiver geworden
«Ich habe das Gefühl, dass innerhalb der SVP-Basis ein Wandel stattgefunden hat», sagt Beat Feurer (59). Er ist Sozialvorsteher der Stadt Biel und Präsident der Gay SVP, einer Sektion, die sich speziell für die Anliegen Homosexueller in der Partei starkmacht.
Den Meinungsumschwung bei der SVP-Wählerschaft führt er einerseits auf den gesellschaftlichen Wandel zurück. Aber auch auf das Engagement seiner Sektion. «Wir werden wahrgenommen», sagt Feurer. «Das lässt doch viele ihre hergebrachte Meinung überdenken.»
«Nur die Volksvertreter sehen es so eng»
Eine, die sich öffentlich gegen die Meinung der Parteiführung stellt, ist auch die Zürcher SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann (43). Sie befürwortet die Ehe für alle – inklusive Recht auf Samenspende. «Ich denke einfach liberal», begründet sie ihre Haltung. «Der Weg, wie jemand Kinder bekommt, geht den Staat nichts an.»
An der Kadertagung Anfang Jahr im thurgauischen Bad Horn habe ihnen ein Meinungsforscher bereits klargemacht, das alle Umfragen dasselbe zeigten, erzählt Steinemann. Nämlich, dass eine Mehrheit der SVP-Basis für die Ehe für alle ist. «Das hat mich motiviert», sagt Steinemann.
Das Ergebnis der Umfrage ist für sie aber nicht nur deshalb keine Überraschung. «Ich stehe ja in ständigem Kontakt mit unserer Basis. Auch hier spüre ich eine sehr liberale Haltung», sagt sie. Und ergänzt: «Nur die Volksvertreter sehen es so eng.»
CVP muss sich noch finden
Während sich bei der SVP trotz Umfragen zumindest mittelfristig wenig am Widerstand gegen die Homo-Ehe ändern dürfte, ist bei der CVP noch unklar, wie sie sich am Schluss positioniert – insbesondere, was die Frage nach dem Recht zur Samenspende betrifft.
Mitte-Fraktionschefin Andrea Gmür (55) sagt, man werde die Ehe für alle in der Fraktion diskutieren. Erst dann werde sie sich zu Fragen dazu äussern.