Darum gehts
- Verhüllungsverbot in der Schweiz: wenige Bussen trotz Touristensaison
- Touristen umgehen Verbot mit Hygienemasken aus angeblichen Gesundheitsgründen
- Nur drei Ordnungsbussen im Kanton Bern seit 1. Januar 2025
Jahrelang hat die Schweiz darüber diskutiert – seit Beginn dieses Jahres gilt nun das Verhüllungsverbot. 100 Franken werden fällig für alle, die ihr Gesicht im öffentlichen Raum verschleiern. Damit wird die Burka-Initiative umgesetzt, die die Schweizer Stimmbevölkerung 2021 angenommen hat.
Die grosse Bussenwelle ist seither jedoch ausgeblieben. Nur vereinzelt haben Städte und Kantone in den ersten Monaten des Jahres Verstösse geahndet. Schon während des Abstimmungskampfs argumentierte der Bundesrat, die Burka werde in der Schweiz kaum getragen. Ein Verbot betreffe hauptsächlich Touristinnen aus der Golfregion.
Auch nach Ablauf des Touristensommers zeigt sich: Es gibt weiterhin kaum Bussen – obwohl Interlaken und Co. als Mekka für arabische Touristen gelten, die der heimatlichen Hitze entfliehen. Blick hat sich umgehört.
Drei Bussen im Kanton Bern
Im gesamten Kanton Bern wurden seit 1. Januar 2025 drei Ordnungsbussen ausgestellt, wie die Kantonspolizei auf Anfrage mitteilt. Nur eine davon entfiel auf die Touristensaison in der beliebten Region Berner Oberland – mit Destinationen wie Interlaken oder auch Grindelwald. In den Kantonen Graubünden und Wallis wurden bisher noch gar keine Verstösse festgestellt.
In der Stadt Zürich wurden bis April vier Bussen verhängt. Aktuellere Zahlen will der Kanton nicht nennen, da derzeit ein Vorstoss zum Thema im Parlament hängig ist.
Der Trick mit der Maske
Allerdings dürften die geringen Zahlen nicht nur daran liegen, dass Touristinnen ihre Burka ablegen oder die Schweiz als Feriendestination meiden. In vielen Fällen sind den Behörden schlicht die Hände gebunden.
Viele Touristinnen umgehen das Verbot nämlich mit einer Hygienemaske, die sie zusammen mit einem Kopftuch tragen. Denn es ist weiterhin erlaubt, das Gesicht aus gesundheitlichen Gründen zu verhüllen. «Wir beobachten nach wie vor, dass Hygienemasken benutzt werden, um das Verhüllungsverbot zu umgehen», schreibt die Kantonspolizei Bern auf Anfrage.
Es lasse sich jeweils nicht zweifelsfrei feststellen, ob die Masken tatsächlich zur Umgehung des Verbots getragen würden – deshalb könne kein Vergehen geahndet werden.
Bundesrat winkt ab
SVP-Nationalrat Piero Marchesi (43) sorgt sich wegen dieser Gesetzeslücke. Er hat deshalb einen Vorstoss eingereicht, um zu klären, mit welchen Massnahmen das Schlupfloch geschlossen werden könnte.
Der Bundesrat sieht jedoch keinen Handlungsbedarf. Erstens habe er keine Kenntnis davon, dass Hygienemasken benutzt würden, um das Verbot zu umgehen. Zudem erachte er es nicht als nötig, Richtlinien oder Klarstellungen zum Gebrauch der Masken zu erlassen. Auch ein nationales Monitoring sei nicht sinnvoll. «Die Kantone sind in der Lage, das Verbot umzusetzen und allfällige Missbräuche zu ahnden», heisst es in seiner Antwort.