Wenns ums Wählen geht, sind die Schweizer eher faul. 2015 lag die Wahlbeteiligung bei 48,5 Prozent: Nicht einmal jeder Zweite ging an die Urne. Zwischen den einzelnen Wählergruppen gibt es allerdings grosse Unterschiede. Es wählen mehr Ältere als Jüngere, mehr Männer als Frauen – und mehr gebürtige Schweizer als Eingebürgerte. So lag die Beteiligung von Schweizern mit Migrationshintergrund bei den Wahlen 2015 rund 19 Prozentpunkte tiefer als bei jenen, die seit ihrer Geburt Schweizer sind. Das zeigt die Selects-Wahlstudie von 2016.
Warum aber gehen weniger Eingebürgerte wählen? Politologe Oliver Strijbis erklärt dies in erster Linie mit der Sozialisierung. «Die Beteiligung ist insbesondere bei jenen Gruppen tiefer, deren Eltern ebenfalls kein Wahlrecht hatten», sagt Strijbis. Sei es, weil sie als Ausländer in der Schweiz leben oder weil sie aus Ländern kommen, die keine demokratischen Wahlen kennen.
Osteuropäer wählen eher Mitte-rechts-Parteien
Tendenziell wählen Schweizer mit Migrationshintergrund eher linker als der Durchschnitt. Eine Ausnahme sind Einwanderer aus osteuropäischen Staaten: Sie wählen überdurchschnittlich Mitte-rechts-Parteien, was laut Strijbis an den negativen Erfahrungen mit einem sozialistischen Regime liegen könnte. Die tiefe Wahlbeteiligung der Jungen erklärt sich damit, dass diese politisch weniger interessiert sind, was sich mit zunehmendem Alter meist ändert.
Gut möglich aber, dass die Wahlbeteiligung bei Jungen und Eingebürgerten dieses Jahr höher ist als sonst – so wie bei den kantonalen Wahlen in Zürich im Frühling. Zu jenen, die an den Wahlen ganz sicher teilnehmen werden, gehören unsere drei Erstwähler. Hier erzählen sie, warum sie sich für Politik interessieren – und wen sie wählen.
Fabiola Odermatt (18), Ballwil LU
«In unserer Familie diskutieren wir oft über Politik. Allerdings sind mein Vater und ich uns nicht immer einig. Zum Beispiel, als es um die Initiative über die Ausschaffung krimineller Ausländer ging. An die Klimastreiks bin ich nicht gegangen, das war während der Lehre nicht so ein Thema. Jetzt hingegen, an der BMS, sprechen wir ab und zu über Politik. Ich finde es wichtig, dass die Jungen ihre Interessen in der Politik vertreten. Zwar verfolge ich die Debatten nicht im Detail, aber ich versuche, regelmässig Zeitungen zu lesen.
Anlässlich der Wahlen habe ich mich nun genauer über die Parteien informiert. Ich habe mir online deren Smartspiders angeschaut und auf Smartvote den Fragebogen ausgefüllt, der einem anzeigt, mit welchen Politikern man die höchste Übereinstimmung hat. Das waren bei mir die Grünliberalen. Mir liegt die Umwelt am Herzen, und ich bin eher links, aber nicht extrem links. Darum glaube ich, das ist die richtige Mitte für mich.»
Valentina Milici (32), Luzern
«Ich wollte eigentlich in den Schützenverein. Aber bei der Anmeldung verlangten sie meine ID. Die ich ja nicht hatte. Das hat mich gestört. So habe ich beschlossen, mich einbürgern zu lassen. In die Politik bin ich eher aus Zufall gekommen. Während einer beruflichen Weiterbildung haben wir ein Gesetz angeschaut, das null Sinn machte. Der Lehrer teilte meine Meinung, meinte aber: ‹Alle jammern, doch niemand tut etwas dagegen.› Das nahm ich mir zu Herzen. Ich entschied, mich politisch zu engagieren.
Über die Parteien wusste ich nicht viel, also ging ich an die einzelnen Parteiversammlungen, um mir ein Bild zu machen. Bei der CVP fühlte ich mich am wohlsten. Die Leute sind nett, und man hat die Möglichkeit, sowohl links wie auch rechts zu denken. Inzwischen bin ich Mitglied der JCVP und kandidiere auf deren Liste für den Nationalrat. In den Schützenverein habe ich es bis heute nicht geschafft – dafür bin ich Feuer und Flamme für die Politik.»
Flamur Muhtari (28), Wallisellen ZH
«Das Stimmrecht zu erhalten, war ein regelrechter Kampf. Meine frühere Wohngemeinde lehnte mein Einbürgerungsgesuch zwei Mal ab. Das erste Nein konnte ich ja noch verstehen. Ich war in meiner Jugend ein Schlitzohr, kriegte zum Beispiel eine Busse, weil mein Auto zu breite Reifen hatte – solche Sachen. Drei Jahre später stellte ich erneut ein Gesuch. Wieder sagte die Gemeinde Nein. Da habe ich mir einen Anwalt genommen. Vor zwei Monaten hat der Kanton entschieden, dass die Ablehnung nicht rechtens war.
Ich bin hier aufgewachsen, bin hier zur Schule gegangen, von meinen Schweizer Freunden unterscheidet mich nichts ausser dem Namen. Die Politik interessiert mich von Fall zu Fall. Als es zum Beispiel um das Minarettverbot ging, hätte ich gerne abgestimmt. Oder bei der Abstimmung zur Einheitskasse. Ich werde SP wählen, da mich der SP-Politiker Arber Bullakaj bei meinem Rechtsstreit mit der Gemeinde von Anfang an unterstützt hat. Und weil die SP sozial ist. Das gefällt mir.»
Am 20. Oktober finden die eidgenössischen Parlamentswahlen in der Schweiz statt. Die insgesamt 200 Sitz im Nationalrat werden nach Anzahl Bevölkerung auf die Kantone verteilt und müssen neu gewählt werden. Auch die 46 Sitze des Ständerats werden neu vergeben.
BLICK bietet rund um die Uhr die aktuellsten Informationen zum Wahlkampf, der politischen Themenagenda der Parteien und Kandidaten, der Sitzverteilung im Parlament und den Wahlergebnissen.
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Am 20. Oktober wählt die Schweiz ein neues Parlament. Wer bei den Worten panaschieren, CSP oder Proporz-System nur Bahnhof versteht, sollte sich über das ABC des wichtigen Urnengangs hier schlau machen.
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