Darum gehts
- Hanna Sahlfeld-Singer, erste Nationalrätin, verstarb mit 81 Jahren
- Sie war eine der ersten elf Frauen im Nationalrat
- 1972 wurde sie als erste Nationalrätin Mutter eines Sohnes
Als die frischgewählte Nationalrätin Hanna Sahlfeld-Singer (†81) im Dezember 1971 ins Bundeshaus wollte, stoppte sie der Pförtner dort: «Sie kommen hier nicht hinein.» Heute sei kein Besuchstag. Es war nur ein Zeichen, für die Schwierigkeiten, mit denen die ersten Frauen im Parlament kämpfen mussten.
Die St. Galler SP-Politikerin Sahlfeld-Singer gehörte zu den ersten elf Frauen, die 1971 kurz nach Einführung des Frauenstimmrechts in den Nationalrat gewählt wurden. Nun ist sie, kurz vor ihrem 82. Geburtstag, in Hannover (D) verstorben. Dies teilt ihre Familie in einer Todesanzeige mit.
28-jährig war die SP-Politiker, als sie 1971 in den Nationalrat gewählt wurde. «Ich hatte den Willen, zu zeigen, dass wir Frauen etwas können», sagt sie später. Doch die Wahl hatte für die junge Theologin auch Konsequenzen: Sie war mit einem Deutschen verheiratet und als Theologin in der SP. Damals war dies ein FDP-Millieu. Das bot Angriffsflächen. Denn aktive Pfarrer durften damals nicht im Nationalrat sein, das verbot die Bundesverfassung bis 1998. Und so musste sie sich in ihren Beruf einschränken, um politisieren zu können.
Nur eine der ersten Nationalrätinnen lebt noch
Auch Sahlfeld-Singers Mann Rolf war Theologe. Sie seien fortan unter Beobachtung gestanden, sagt sie später. Ihr Mann bekam im Kanton St. Gallen keine Stelle mehr als Pfarrer. Nur vier Jahre politisierte Hanna Sahlfeld-Singer im Bundeshaus, dann trat sie trotz erfolgreicher Wiederwahl zurück. Mit ihrer Familie verliess sie die Schweiz.
«Es geschah schweren Herzens», sagt sie später in einem Porträt gegenüber CH Media. «Doch es war die richtige Entscheidung. Wir hatten den Willen, die Kinder gemeinsam zu erziehen.» - 1972 bekam sie als erste Nationalrätin im Amt einen Sohn. Die Familie zog nach Deutschland, wo beide eine Stelle fanden. In der Nähe von Hannover lebte Sahlfeld-Singer bis zuletzt.
Von den ersten elf Nationalrätinnen und der ersten Ständerätin, die 1971 gewählt wurden, lebt nach Sahlfeld-Singers Tod nur noch die Walliser SP-Politikerin Gabrielle Nanchen (82).